Focal Solo 6 BE, Versuch einer Bewertung

Hallo zusammen,

ich habe, nach langem Suchen, Überlegen und unzähligen Stunden hier im Forum "HiFi" im eigentlichen Sinne den Rücken gekehrt
und bin ins "Aktivistenlager" übergetreten - ich habe meine Wharfedale Evolution gegen Focal Solo 6 Studiomonitore getauscht.

Im Folgenden will ich versuchen, die Focal ein wenig zu beschreiben, im deutschsprachigen Internet findet man ja kaum was zu diesen LS.

Zunächst - warum habe ich meine Evos abgesetzt?
Ganz einfach - weil ich etwas besseres gehört habe - nämlich meinen Beyerdynamic DT880 Kopfhörer.
Es war geradezu frustrierend, vom KH auf die LS zu wechseln, es fehlte an Details, an Tiefgang usw.
Generell sind die Evos keine schlechten LS, nicht umsonst sind sie so beliebt, im Vergleich hatten sie jedenfalls keine Chance mehr.
Zudem hatte ich in der Zwischenzeit mein Auto vollaktiv mit einem neuen FS ausgestattet, was die Evos ebenfalls in den Schatten stellte.

Somit begann die Suche nach neuen Lautsprechern.
Stand-LS waren auf meinen 15m² nicht denkbar, einfach nicht genug Platz.
Kompakte wiederum brachten nicht den Tiefgang, den ich ja so schmerzlich vermisste.
Meinen Subwoofer hatte ich erst kurz zuvor verkauft (Heco Concerto W30A), da er nicht präzise genug war.
Ein Sub-Sat System kam für mich vor allem aufgrund der Preise für ausreichend präzise Subwoofer nicht in Frage.
So bin ich relativ schnell auf Studiomonitore gekommen, zumal ich auch schon mehrfach bei einem Bekannten welche gehört hatte.

Also sollten es aktive Studiolautsprecher werden.

Die Auswahl grenzte sich allerdings relativ stark ein, da es nur 2 Modelle gab, bei denen der Hersteller ein wenig
Geld in die Außenhaut gesteckt hatte oder vielmehr in die Optik der Außenhaut.
Auch wenn ich beim Musikhören die Augen meist geschlossen habe, sind die LS doch Teil meines Mobiliars und ich
sehe sie jeden Tag stundenlang - da möchten sie schon gut aussehen. So blieben für mich nurnoch die Mackie 824 MKII und die Solo 6.

Warum nun die Focal Solo 6 BE ?
Gelegenheit macht Käufer!

Die Focal haben mich aufgrund des Designs und der wenigen, aber durchweg positiven Berichte sehr fasziniert.
Als ich dann eines Tages ein Angebot für Vorführmodelle im Netz fand, habe ich zugeschlagen.
Kein Probehören, kein Anfassen vorher - einfach gekauft - mit entsprechend schlechtem Gewissen und einer gehörigen
Portion Schiss, dass sie mir nachher vielleicht doch nicht gefallen würden.

Als kurzer Schnitt im Bericht möchte ich hier kurz die Bedingungen schildern, unter denen die Solo 6 bei mir spielen.
Meine Hardware besteht momentan aus einem alten Sherwood Vollverstärker, der aufgetrennt wurde.
Zuspieler sind ein Sherwood CDP und ein LPP, genaueres findet ihr in meinem Profil.
Ein neuer PreAmp ist gerade im Bau.
Mein Raum ist akustisch nicht unbedingt günstig - gefliester Boden, getäfelte Decke, Bambusteppich ...
Um Reflexionen und Nachhall trotzdem entgegenzuwirken, habe ich 4 Basotect Absorber (100x50x10cm) im Raum,
die die Akustik ganz entscheidend verbessern, trotzdem ist es natürlich suboptimal.
Die Focal stehen (Vorderkante) etwa 60cm von der Rückwand und 90cm von der Seitenwand entfernt symmetrisch im Raum.
Abstand untereinander ist etwa 2,4m. Da mein Raum zu klein ist, bekomme ich kein optimales Stereodreieck hin, es ist eher stumpf.

Mit einem gehörigen schlechten Gewissen und unklaren Erwartungen packte
ich die Monitore dann aus und stellte sie auf ihre Ständer.
Alles verkabelt, den Sessel zurechtgerückt und Metallica - S&M CD1 eingelegt...

Was soll ich sagen, ich war erstmal 20 Minuten überhaupt nicht ansprechbar.
Ich hatte Tränen in den Augen vor Freude - und das wobei ich nicht gerade nah am Wasser gebaut bin.
Endlich war die Stereomitte fest, endlich hatte jedes Instrument seinen Platz im Raum.
Endlich hatten Kontrabässe die erwartete Fülle, war die Basedrum fett und gleichzeitig immer präzise heraushörbar.
Es klang schlicht und einfach echt.

Alles das, was ich vom Kopfhörer zwar klar heraushörbar, aber doch eher diffus um meinen Kopf verteilt kannte,
hatte jetzt seinen Platz im Raum - das kannte ich von meinen Evos einfach nicht.
Durch die enorm gute Räumlichkeit habe ich sogar den Eindruck, noch mehr Details wahrzunehmen als mit KH.

Was mich ebenfalls stark überrascht hat, ist dass ich mit den Focal deutlich entspannter laut hören kann.
Ich vermute inzwischen dass es daran liegt, dass ihnen einfach der bei Hifi-LS verbreitete Buckel im
Frequenzgang im Präsenzbereich (4 bis 6KHz) fehlt. Auch bei deutlich über Zimmerlautstärke nervt nix.
Lautstärken, bei denen mich die Evos nurnoch angestrengt haben, kann ich nun mit Genuss hören.

Dabei geben sich die Evos auch recht sparsam, was den Stromkonsum angeht. Ohne Signal ziehen sie
etwa 16 Watt pro Stück, bei sehr hochpegeliger Metalbeschallung habe ich sie bis auf im Schnitt 20Watt
bringen können. Mein Onkyo 674 hat schon ohne irgendetwas zu tun 90Watt verbraten.

Ich habe die Focal nun schon etwa 2 Monate in meinem Besitz und mit allem erdenklichen Musikmaterial
bespielt. Hauptsächlich habe ich Metal gehört, in diversen Spielarten von Black Metal über Death und
Trash, aber auch (Neo)Folk, rein akustisches, Rockklassiker, (sehr wenig) Popmusik. Dabei habe ich nichts gefunden,
was auf den Focal nicht geklungen hätte oder keinen Spaß gemacht hätte. Natürlich muss man damit
leben können, dass man nun wirklich 99% von dem hört, was auf der CD ist - auch wenn man das
vielleicht gar nicht will. Es ist mir allerdings unverständlich, dass manche meinen, auf so gut auflösenden
LS könne man keine schlecht produzierte Musik hören - im Gegenteil. Dadurch, dass diese LS eben
nicht gesoundet sind und keine Frequenzbereiche betonen, sind sie die wahren Allrounder.

Zum Klang selber will ich erstmal nichts weiter schreiben, da mir einfach die Vergleiche fehlen.
Die Wharfedale Evolution sind kein Gegner für die Solos, nicht im geringsten. Mit einem KH kann
man LS in diesem Sinne nicht vergleichen (Nur soviel, sie klingen einem HD650 deutlich ähnlicher
als einem DT880 - ich besitze inzwischen beide). Sie sind einfach das Beste, was ich bis jetzt
in meinem Leben gehört habe.

Kommen wir zum letzten Punkt - was können die Solos nicht?
Tiefbass, ganz klar. Die 40Hz, die Focal angibt, erreichen die Solos auf keinen Fall linear.
50Hz linear sind wesentlich realistischer - und für 95% meiner Musiksammlung absolut ausreichend.
Selbst tief gestimmte Basedrums haben ihren Punch bei max 50Hz, noch tiefer
gehen höchstens Electrobässe oder wenige klassische Instrumente.
Es ist nun nicht so, dass unter 50Hz nichts mehr passiert, aber da kommt eben kein Druck mehr.
Trotz dessen ist das Bassfundament, welches die LS aus so wenig Volumen zustandebringen,
recht erstaunlich. Denn sie wirken wirklich klein, die Solos, umso erstaunter war ich, als
sie wirklich fühlbare Drums und Bässe erzeugten.

Wer aber auch die letzte Oktave noch voll auskosten möchte, der muss deutlich mehr investieren.

Nur ein Problem habe ich nach wie vor - der Sweetspot ist sehr klein, zumindest in Links/Rechts Ausdehnung.
Dort habe ich nur etwa 10cm Spielraum zu jeder Seite, danach verschiebt sich das Stereobild.
Vorn/Hinten hingegen habe ich keinerlei Probleme, selbst fast zwischen den LS habe ich eine
gute L/R- Ortung. Dass kann nun einerseits an meiner schlechten Raumakustik liegen, oder
aber andererseits am höheren Bündelungsmaß der Monitore gegenüber HiFi LS.
Generell sehe ich das aber nicht als Problem, da ich Musik ja nur im Sweetspot höre.

So, der Text ist nun irre lang geworden und ich freue mich über jeden, der ihn gelesen hat
und sich daraufhin vielleicht auch mit diesen Ls auseinandersetzt. Vielleicht könnten ja auch
andere Focal Solo Besitzer ihre Erfahrungen hier mit anbringen.

Für Fragen zu den LS bin ich offen, Fotos werde ich noch nachliefern.

Gruß
Sathimas

(Wurde mir von der Forensoftware nicht angezeigt, obwohl ichs ja erstellt habe - aber egal.)

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