Der ewige Jungbrunnen und seine verbrauchten Mittel

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 22. Apr 2007, 09:18
Die Musik ist ein ewiger Jungbrunnen, ganz ohne Zweifel, aber ihre Mittel verbrauchen sich.

So etwa die Mittel der Harmonik. Während die Melodik immer neu sind, begegnen einem in der Harmonik doch immer alte Bekannte: Dur und moll, Septakkord, Sextakkord und Quartsextakkord, während eines Musikwissenschaftstudiums leicht erlernbar. Den "Tristanakkord" gibt es vielleicht auch noch.

Ich ertappe mich oft, beim Hören guter Musik, daß mich zwar die Melodik fesselt, aber die Harmonik habe ich tausend mal gehört und im Grunde wäre sie verzichtbar.

Lieber höre ich dann noch die Kontrapunktik, daß Übereinander zweier oder mehrerer Stimmen.

Die Mittel nutzen sich ab, auch in der Instrumentation und mag die Melodie auch noch so gut sein, dieses "Schluchzen der Geigen", die letztendliche Dominanz der 1. Violinen, hat man doch tausendfach gehört.

Wem geht es genauso? Wer leidet wie ich, angesichts ewiger Wiederkehr von musikalischen Mitteln am Überdruß?

An sich wäre dies ein Plädoyer ( wie schreibt man dieses Wort) für moderne Musik, nur leider kann ich dieser nur wenig abgewinnen.

Gruß Martin
JohnD
Stammgast
#2 erstellt: 24. Apr 2007, 12:35
Wenn Dich das alles nervt, hör doch einfach Alte Musik.

Kauf Dir mal ein paar schöne Messen von Josquin, Gombert und das Requiem von Richafort.

Und für die moderne Musik fang doch mal gemäßigt an.

Kauf Dir das Gesamtwerk von Rudi Stephan. Der ist völlig neuartig und trotzdem noch einigermaßen tonal.

Dann wie immer die Empfehlung: Kammersinfonie von Schönberg! Und dann kann man mal weitermachen.
Webern op. 5, Hindemith Kammermusiken, etc.

Probier's einfach mal. Wenn Du wirklich willst, kannst Du das auch hören und verstehen. Verständnis hilft auch, das Zeug zu mögen.
Martin2
Inventar
#3 erstellt: 28. Apr 2007, 11:41
Lieber John,

danke für Deine Hinweise. Nein mit diesen alten Messen, also Palestrina und Vorgänger kann ich ehrlich gesagt wenig anfangen. Rudi Stephan kenne ich Musik für Saiteninstrumente. Hat mir damals sehr gut gefallen und an sich hätte ich noch Interesse daran.

Nein, es ist nicht so, daß mich "alles nervt". Allerdings mache ich im moment gerade mal eine Literaturphase durch, lese sehr viel, höre weniger Musik. Jahrelang war es umgekehrt.

Mir ging es auch viel mehr darum, eine Diskussion anzuregen, da ich solche "Grundsatzdiskussionen" eigentlich mag ( andere finden sie vermutlich eher überflüssig und wollen sich nur einfach sachlich über die Qualität von Werken und Einspielungen unterhalten).

In der Musik ändert sich meiner Meinung nach wirklich auch der Zugang. Wenn sie für Dich neu ist, ist die Musik wirklich noch ein sehr "ganzheitliches Erlebnis". Hörst Du Musik seit Jahrzehnten wie ich, sind Dir einige Schablonen besser bekannt, Du kennst ( vielleicht nicht wissenschaftlich) Harmonisierungen und musikalische Abläufe, Du bist nicht mehr so in der Lage, Dich umhauen zu lassen. Nicht das was ist so interessant, sondern das wie. Obwohl mich der Otello von Verdi vor noch nicht allzu langer Zeit mal völlig umgehauen hat und ich war wirklich glücklich, doch auch als alter Hase von Musik so beeindruckbar zu sein.

Ansonsten erwarte ich mit Spannung meine Beethoven Sony Box, die jetzt hoffentlich bald eintrudeln wird.
JohnD
Stammgast
#4 erstellt: 28. Apr 2007, 17:26
Martin, Palestrina ist im Vergleich zu oben genannten Komponisten so weit entfernt wie Mozart von Mahler. Das meine ich musikalisch, nicht zeitlich.
Vielleicht mal ein Tipp:



Für den Preis kannst Du das doch mal ausprobieren. Einfach hinsetzen und zuhören, schön dunkel machen und vor allem *nicht zu leise*.

Ich glaube kaum, dass Du Dich dieser Musik entziehen kannst.
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 28. Apr 2007, 20:27
Lieber John,

danke für Deine Hinweise. Nur daß aus "Ich und die Renaissancepolyphony" noch mal eine Liebesgeschichte wird, bezweifle ich. Ich habe außer Palestrina noch zwei CDs Meisterwerke der Renaissance und "Lamentationes", beide von Naxos beide mit demselben Chor und dem Summerly. Empfehlungen des Penguins Guide, haute mich aber überhaupt nicht vom Hocker. Nach drei Anläufen bin ich nun vorsichtig geworden, auch mit dem Obrecht.

Den Namen Obrecht höre ich übrigens hier zum ersten mal, mußte mich erst mal in meiner "Welt der Musik" über ihn schlau machen. Nun, was da steht, klingt nicht so schlecht, nur verdammt alt ist dieser Bursche. 1450 - 1505. Das ist alt.

Ich weiß auch nicht: Reine Chormusik höre ich sowieso nicht so gern, ich vermisse den instrumentalen Widerpart. Alles Geschmacksache.

Ich kann damit leben, in bestimmten Bereichen der Musik auch ein Banause zu sein. Du kannst eh nicht alles kennen, auch nicht alles gute. Heute freue ich mich jedenfalls sehr, daß diese 60 CD Beethovenbox gekommen ist, da werde ich sicher noch manche Bildungslücken schließen können.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 28. Apr 2007, 20:27 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#6 erstellt: 28. Apr 2007, 21:56
Du wolltest aber doch mal was anderes...Wenn Renaissance nicht recht ist, vielleicht Mittelalter, z.B. das hier (8,99 bei j*c), ca. Anfang/Mitte des 14. bis Anfang des 15. Jhds.



Das klingt definitiv anders als Palestrina oder Tallis. Auch kein Chor a cappella, sondern kleines Sänger- und Instrumentalistenensemble.

Ich muß noch dazu sagen, dass ich seit etwa 20 Jahren Klassische Musik höre und von einigen Werken abgesehen, habe ich nicht den Eindruck, dass mir die Mittel alle allzu bekannt vorkommen. Das gilt nicht nur für mir bisher unbekannte Musik, sondern auch für Stücke von zB Beethoven, die ich dutzende oder hunderte Male gehört haben muß.

viele Grüße

JK jr.
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