Hoher Output bei DJ-Systemen - warum?

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Burkie
Inventar
#1 erstellt: 18. Sep 2020, 07:02
Hallo,

bei Hifi-MM-Tonabnehmern ist die übliche Ausgangsspannung so um die 4 mV herum, oder gar noch etwas weniger.

Bei DJ-Tonabnehmern geht der Trend aber zu "irrsinnigen" Ausgangsspannung, etwa 8 mV beim Tonar Diabolic, oder gar 10 mV beim Ortofon Serato S-120.

Nun frage ich mich, welchen Zweck diese hohen Ausgangspegel bei DJ-Systemen haben sollen?

Schließlich wird am DJ-Mixer eh der Tonabnehmer über den Eingangs-Gain-Steller eingepegelt, über der Fader geregelt, und die Lautstärke im Club ja über die Leistung der PA-Anlage gemacht.

Welchen Vorteil haben denn da so hohe Ausgangsspannungen?


Grüße
akem
Inventar
#2 erstellt: 18. Sep 2020, 18:58
Technisch gesehen gibt es eigentlich keinen Vorteil, im Gegenteil erkauft man sich einige klangliche Nachteile. Aber anscheinend wollen es die Marketingabteilungen der Hersteller so...

Gruß
Andreas
Burkie
Inventar
#3 erstellt: 18. Sep 2020, 19:24
Hallo,

das hatte ich mir auch so gedacht. Danke für deine Antwort. Gilt das aber auch für den DJ-Betrieb im Club?

Da kommt es vielleicht nicht auf beste Hifi-Qualität an, aber auf "Druck" und "Durchsetzungsfähigkeit".
Wird das durch einen hohen Ausgangspegel der Tonabnehmer befördert, oder hängt es davon gar nicht ab?


Welche klanglichen Nachteile handelt man sich denn mit den hohen Ausgangsspannungen ein?


Grüße
hm_schmitz
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 18. Sep 2020, 19:36
Oft sind die Lautstärkeunterschiede zwischen den Quellen am Pult einfach was arg groß. Nervt z.B. beim vorhören, wenn der Laden voll ist und die PA schön aufgedreht, der Kopfhörer auch am Anschlag ist, nicht mehr lauter geht und man dann einfach nix mehr mitbekommt. Oder wenn das Pult bei CD oder Laptop bereits am Anschlag ist man aber keine Ahnung hat wie die jeweilige PA oder der schnell hektische Besitzer drauf reagiert wenn man an der Endstufe rumfummeln möchte. In vielen Clubs steht nicht unbedingt das beste vom besten mit allen Einstellmöglichkeiten die ein guter Mixer bietet. Ich habe es öfter erlebt, dass Gain Regler am Pult kaputt, trotz auf 11 nicht laut genug oder schlicht nicht vorhanden waren.

Wäre eine Möglichkeit, bin aber zugegeben schon ewig nicht mehr Abends mit Platten unterwegs. Vielleicht ist es tatsächlich auch einfach Marketing.

Grüße
Andreas


[Beitrag von hm_schmitz am 18. Sep 2020, 19:39 bearbeitet]
akem
Inventar
#5 erstellt: 20. Sep 2020, 13:01
Nun ja, den Sound biegt man sich in der Disse oder ähnlichen Locations sicherlich einfach per Equalizer / DSP zurecht. Und auf die feinsten Hochtonnuancen legt da auch keiner Wert, da muß es in erster Linie untenrum wumsen (das Volk will ja hüpfen... ). Dazu kommt, daß die Menge der Leute sowie deren Ausdünstungen auch einen signifikanten Einfluß auf die Raumakustik hat. So groß, daß man bei anspruchsvolleren Konzerten sogar "in Echtzeit" den Frequenzgang der Anlage nachregelt.
Von daher ist bei den Disco-Tonabnehmern der Klang sicher erst in zweiter Linie relevant. Ich kenne die gängigen Mischpulte nicht sonderlich gut, von daher kann ich über deren Phono-Eingänge eigentlich nur spekulieren. An den Ausführungen meines Vorredners könnte durchaus etwas dran sein. Ich denke auch, daß Platte seit vielen Jahren nicht mehr das einzige Medium ist, welches da zum Einsatz kommt. Und digitale Quellen haben nun mal einen sehr hohen Pegel. Von daher kann es gut sein, daß man die analoge Technik schon an der Quelle pegelmäßig weiter ausreizen will. Wobei aber die Frage erlaubt sein muß, warum man dann nicht einfach den Verstärkungsfaktor der Phonoeingänge hochdreht - das sollte doch nun wirklich kein Aufwand sein; die gleiche Frage stellt sich aber bei Home-Hifi ganz genauso...

Technische Nachteile einer so hohen Ausgangsspannung ergeben sich aus der hohen benötigten Windungszahl auf den Induktionsspulen und / oder den großen Magneten.

Große Spule:
- hoher Quellwiderstand
- hohe Quellinduktivität
- dadurch hohe Abhängigkeit von der Abschlußkapazität und
- hohe Brummneigung (man bedenke, daß ein MM prinzipbedingt in Richtung maximaler magnetischer Empfindlichkeit offen sein müssen - da geht schlißelich der Magnet des Nadelträgers rein...)

Große Magneten:
- hohe bewegte Masse
- hohe benötigte Auflagekraft

Gruß
Andreas
Burkie
Inventar
#6 erstellt: 20. Sep 2020, 15:20
Hallo,


eure Argumente leuchten mir in gewisser Weise ein. Dass man die Pegel der Plattenspieler (der Tonabnehmer) versucht an die Pegel der Digitalquellen anzupassen, damit die Platten am Mixer nicht gegen die womöglich stark komprimierten und damit "laut" und "druckvoll" gemachten Digitalmedien abstinken.

Könnte es sein, dass der hohe Pegel der DJ-Tonabnehmer die Phonostufen teilweise etwas übersteuert und damit für eine kollaterale Limitierung oder Komprimierung, evtl. leichte Verzerrung und damit für "druckvolleren" Sound im Club sorgt?


Ich bin auf die Fragen gekommen, weil ich mir evtl. ein Tonar Diabolic, dass allenthalben als "Spaß- und Böller-System" bezeichnet wird, zulegen wollte, mich aber die vergleichsweise hohen Ausgangsspannungen irritierten.


Grüße
akem
Inventar
#7 erstellt: 20. Sep 2020, 19:02
Typischerweise haben Phonostufen eine recht komfortable Übersteuerungsreserve. Bei einem üblichen MM-Eingang muß man da schon ein paar dutzend mV anlegen, um ihn zu überfahren. Das sollte also kein Problem darstellen.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß man in Dissen Übersteuerungseffekte erzielen will - das ergäbe Clipping und sowas klingt grausam. Das will niemand... Was ich mir eher vorstellen könnte, daß man das Signal durch Effektgeräte schickt wie Kompressor, Limiter oder Exciter.

Gruß
Andreas
Burkie
Inventar
#8 erstellt: 20. Sep 2020, 19:12

akem (Beitrag #7) schrieb:
Typischerweise haben Phonostufen eine recht komfortable Übersteuerungsreserve. Bei einem üblichen MM-Eingang muß man da schon ein paar dutzend mV anlegen, um ihn zu überfahren. Das sollte also kein Problem darstellen.

Naja,

es sind ja bis zu 10 mV.



Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß man in Dissen Übersteuerungseffekte erzielen will - das ergäbe Clipping und sowas klingt grausam. Das will niemand... Was ich mir eher vorstellen könnte, daß man das Signal durch Effektgeräte schickt wie Kompressor, Limiter oder Exciter.


Hallo,

man sollte meinen, dass man den Sound damit machen will.
Ich habe aber auch schon DJs mit ihren Phonomixern (Battle-Mixern) gesehen, die ständig im roten Bereich liefen. Aber es war im Club ohnehin schon recht laut. Ob das nun schon leichte Verzerrungen verursachte, oder noch durch die Übersteuerungsreserven der Mixer aufgefangen wurde, kann ich nicht sagen.

Dann bleibt also als Grund für die hohen Ausgangsspannungen der DJ-Systeme zum einen Marketing, um sich vom Konkurrenten abzusetzen, sowie eine Angleichung des Phono-Pegels auf die Lautheit der komprimierten Digital-Quellen am DJ-Mixer.

Die von dir genannten Nachteile hoher Ausgangsspannung, genauer gesagt der dafür notwendigen vielen Windungen im Generator und schweren Magneten am Cantilever, mögen vielleicht für DJ-Systeme sogar zur klanglichen Signatur beitragen, aber vermutlich auch eher unbeabsichtigt.

Grüße
sensor123
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 20. Sep 2020, 19:18
Hmm.. ich frage mich gerade ob das bei Verwendung von Time coded vinyl einen Vorteil hat.
Im ersten Moment könnte ich mir das vorstellen...
Burkie
Inventar
#10 erstellt: 20. Sep 2020, 19:34
Hallo,

könnte man meinen.

Ich glaube aber, der größte Feind eines guten Signal-Störgeräusch-Abstandes ist immer noch das Vinyl selber, und da helfen leider auch keine großen Ausgangspegel der Tonabnehmer.


Grüße
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