NAD C 326 BEE kratzt einseitig

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FForay
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 28. Jul 2018, 21:02
Hallo zusammen,
mein Verstärker von NAD (C 326 BEE) kratzt bzw. "übersteuert" seit gestern auf der linken Box bei Bässen (vor allem Bassdrum), je höher das Volume desto schlimmer. Dachte zunächst es liegt an den Boxen aber als ich eben die Boxen mit dem jeweils anderen Kanal verbunden habe, wechselte auch die kratzige Seite.
Wenn es etwas lauter wird, hört man auf dieser Seite so gut wie gar nichts mehr. Nur noch ein knarzendes Kratzdröhnen, das im Takt der Musik pulsiert. Im ganz leisen Bereich klingt alles sauber.

Habt ihr eine Ahnung woran das liegen könnte? Vielleicht ist es insgesamt zu heiß? Der NAD ist ja berühmt berüchtigt für seine Gluthitze und bei den warmen Außentemperaturen zu Zeit bei mir im Dachgeschoss eventuell zu heiß?
Oder hat es vielleicht mit Strom zu tun. Als es gestern erstmalig auftrat, hatte ich parallel einen großen Ventilator an der gleichen Verteilersteckdose hängen.
Oder ist der Verstärker einfach hinüber? Hat jetzt 6 Jahre gehalten, hatte eigentlich länger mit dem guten Stück geplant.

Vielen Dank


[Beitrag von FForay am 28. Jul 2018, 22:37 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#2 erstellt: 28. Jul 2018, 23:40
Der linke Kanal scheint das Signal zu begrenzen. Tiefe Frequenzen haben größere Amplituden, das wäre auch ein Hinweis.

Du kannst noch mal prüfen, ob es ohne LS mit Kopfhörer genauso auftritt. So könnte man herausfinden, ob der Strom begrenzt wird (niederohmige Lautsprecher ziehen viel Strom), oder die Spannung (auch hochohmige Kopfhörer begrenzen).

Insgesamt scheint mir am wahrscheinlichsten, dass ein Halbleiter durchgebrannt ist bzw. ab einer bestimmten Signalgröße durchbricht.

- Johannes
FForay
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 29. Jul 2018, 08:13
Hallo Johannes,
danke für die rasche Antwort
Über Kopfhörer an dem "Phones" Ausgang vorne tritt das Problem tatsächlich nicht nicht auf.
Was könnte eine Reparatur wohl ungefähr kosten?


[Beitrag von FForay am 29. Jul 2018, 08:15 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#4 erstellt: 29. Jul 2018, 09:10
Die Frage ist, wieviel Arbeitszeit man braucht. Die Ersatzteile wären einstellig bis niedrig zweistellig in EUR.

Wenn es tatsächlich ein durchbrechender Transistor in der Endstufenschaltung sein sollte, dann ist das ein nicht so leicht zu findender Fehler. Endstufen sind gegengekoppelte Systeme, also sieht das Signal erst mal überall ähnlich verzerrt aus.

Mit etwas Glück „springt einen das defekte Bauteil gleich an“. Mit Pech sucht man sich den Wolf und tauscht hinterher zahlreiche Bauteile auf Verdacht bis der Fehler weg ist. Erfahrung des Reparateurs wird viel helfen.

Das Service Manual inclusive Schaltplan findet man im Netz.
Aber: Die Schaltung der Endstufe ist gelinde gesag „originell“ und auch noch verwirrend gezeichnet.
Keine alltägliche Sache.

Hat das Gerät evtl. noch Gewährleistung? Wenn ja, dann unbedingt nutzen.


- Johannes
FForay
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 29. Jul 2018, 09:35
Nein leider nicht. Ist wie gesagt 6 Jahre alt. Oh man hoffentlich wird das mit der Reparatur nicht so teuer, als dass ich mir besser gleich einen neuen Verstärker kaufen sollte....
FForay
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 02. Aug 2018, 15:04
Unglaublich. In meiner Umgebung habe ich jetzt sämtliche Hifi Läden durch. Keiner will meinen NAD reparieren. Die sagen alle ich soll das Gerät per Post zu Bergmann schicken. Kann man das empfehlen? Ich bin hinsichtlich des Transports sehr unsicher. Den Originalkarton habe ich selbstverständlich nicht mehr. Ich müsste mir also provisorisch ein halbwegs passendes Paket kaufen und da irgendwie Styropor reinquetschen, wobei ich gar nicht weiß wo man das herbekommt....
Versand dürfte zudem recht kostspielig werden. Der Verstärker wiegt ja auch einiges.
Poetry2me
Inventar
#7 erstellt: 02. Aug 2018, 15:30
Falls Du ihn verschicken wiollst, denke daran, dass dieses Gerät ca. 10cm Styropor oder ähnlich festes Polstermaterial in allen Richtungen um sich herum braucht. Durch den Trafo und die anderen Metallteile sind diese Geräte eben schwer. Wie sollten sie einen Sturz des Paketes überleben, wenn keine Knautschzone da ist? Also: Gute Verpackung ist wichtig.

Alternative: Nachdem die Gewährleistung sowieso abgelaufen ist, kannst Du auch mal den Deckel abschrauben und baauteile begutachten, ob irgendetwas verkohlt oder geplatzt aussieht. Mit Fotos von Dir könnten wir hier auch ein wenig helfen.

- Johannes
FForay
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 11. Aug 2018, 10:45
Ich habe jetzt doch noch jemanden in meiner Umgebung gefunden, der den NAD reparieren kann. Allerdings wollen die da 200 Euro haben für: "Endstufe instandsetzen, Relais erneuern, diverse Unterbrechungen (kalte Lötstellen beseitigen) beseitigen, Funktionskontrolle, VDE".
Ist das angemessen?
Danke
Poetry2me
Inventar
#9 erstellt: 11. Aug 2018, 12:42

"Endstufe instandsetzen, Relais erneuern, diverse Unterbrechungen (kalte Lötstellen beseitigen) beseitigen, Funktionskontrolle, VDE"


Der Betrag kann berechtigt sein, z.B. bei langer Fehlersuche, aber...

Die Begründung ist nicht ganz schlüssig, scheint eine pauschale Textformel zu sein.

"Diverse kalte Lötstellen" sind bei einem nur sechs Jahre alten Gerät nicht zu erwarten. Eine einzige vielleicht, falls das Gerät zu eng eingebaut im Regal stand, die Hitze nicht entweichen konnte und nun ein Bratwiderstand oder Halbleiter sich "entlötet" hat. Ein anderer Grund für eine kalte Lötstelle könnte eine häufige mechanische Belastung sein, z.B. ein Schalter, den Du jahrelang mehrmals täglich im Betrieb geschaltet hast (Powerschalter sollten das aber aushalten).

Die ursprüngliche Fehlerbeschreibung hört sich eigentlich so an, als ob der Fehler nicht beim Relais ist, denn dann würde das Musiksignal bei höheren Lautstärken plötzlich sauber werden (Relais-Kontaktflächen sind verschmutzt und bei höheren Signalspannungen wird die Schmutzschicht durchschlagen und verbindet wieder). Bei Dir ist es andersherum. Also ist das Relais eine unwahrscheinliche Ursache.

Für einen Fehler in den letzten, stromverstärkenden Schaltungsstufen des Endverstärkers (oder zugegebenermaßen am Relais) spricht, dass Du den Fehler mit Kopfhörer nicht reproduzieren kannst. Also sieht es so aus, als ob der Fehler nur dann auftritt, wenn viel Strom fließt, also mit Lautsprecher, nicht aber mit Kopfhörer.

Funktionskontrolle ist normal am Ende einer Reparatur, sollte aber auch nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. VDE-Prüfung dito.



ÜBRIGENS:

Du kannst selbst noch prüfen, ob der Fehler vor oder nach dem Main-in liegt:
Einfach den pre-out / main-in seitenvertauscht anschließen. Wenn der Fehler auf der selben Seite bleibt, dann liegt der Fehler nach main-in bei
- Endverstärker incl. Ausgangsrelais
- eine (abschaltbare?) Softclipping-Schaltung am Eingang der Endstufe

Vor der Main-in Buchse liegen alle Vorverstärkerschaltungen, Klangregler, Klangschalter, Lautstärkeregler, etc.
Die kann man dann alle ausschließen.

Hier das Block Diagram
NAD C-326BEE block diagram


- Johannes
FForay
Ist häufiger hier
#10 erstellt: 11. Aug 2018, 13:25
Danke Johannes,
das Problem ist, dass der Verstärker halt gerade bei den Technikern steht (die haben mir den Kostenvoranschlag per Mail zugesandt). Insofern kann ich aktuell nichts ausprobieren.
Zu den Lötstellen: an eine häufige Betätigung eines Schalters kann ich mich nicht erinnern. Am häufigsten habe ich mit Abstand den Lautstärkeregler benutzt. Alles andere eher sporadisch. Das mit der Hitze klingt für mich erst einmal plausibel da das Gerät schon sehhhr heiß wird. Allerdings habe ich gerade deshalb für ausreichend Platz über und hinter dem Verstärker gesorgt. Aber halt Dachwohnung mit teilweise Affenhitze im Sommer.

Relais: ja bei mir ist es definitiv andersherum. Zimmerlautstärke oder besser noch darunter ergibt normalen Klang. Je lauter es dann wird desto mehr Verzerrungen gibt es auf der linken Seite bei tiefen Tönen bis irgendwann nur noch eine Art Dröhnbrei zu hören ist. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich nie weiter als auf 1/4 der maximalen Lautstärke gegangen bin weil ich Angst hatte, dass die Boxen kaputtgehen.

Es scheint dann ja echt so zu sein, dass ich entweder damals ein Sonntagsgerät erwischt habe oder aber den Verstärker zu sehr "rangenommen" habe.
Was mir gerade noch einfällt: Ich nutze den Verstärker hauptsächlich als Soundausgabe für den Laptop (über eine externe Soundkarte). Was dann öfter mal vorgekommen ist, dass ich den Laptop versehentlich heruntergefahren habe ohne der Verstärker auszumachen, was dann immer zu so einem Knacken in den Boxen geführt hat. Könnte das den überdurchschnittlichen Verschleiß erklären? Oder habe ich zu viele Filme über den Verstärker geschaut? Da kommt es ja öfter mal vor, dass sich ganz leise Passagen mit irre lauten Explosionen abwechseln. Vielleicht war das zu viel für den NAD....
Poetry2me
Inventar
#11 erstellt: 11. Aug 2018, 13:52

...
Was dann öfter mal vorgekommen ist, dass ich den Laptop versehentlich heruntergefahren habe ohne der Verstärker auszumachen, was dann immer zu so einem Knacken in den Boxen geführt hat. Könnte das den überdurchschnittlichen Verschleiß erklären? Oder habe ich zu viele Filme über den Verstärker geschaut? Da kommt es ja öfter mal vor, dass sich ganz leise Passagen mit irre lauten Explosionen abwechseln. Vielleicht war das zu viel für den NAD....


Nein, das ist mit Sicherheit alles kein Problem gewesen.


Hohe Außentemperaturen können schon mal eine Rolle spielen, aber auch da sollte das Gerät einen spezifizierten Temperaturbereich haben, der auch eine Dachwohnung aushält.

Je höher die Temperatur der Umgebungsluft ist, desto weniger Wärmemenge kann vom Kühlkörper oder von heißen Bauteilen abgegeben werden. Der Temperaturunterschied sollte also hoch sein, damit ausreichend Wärme abgegeben werden kann.


Wenn Du sagst, das Gerät wird im normalen Betrieb schon heiß: Wo genau im Gerät entsteht denn die Hitze? Kannst Du das auf einem Foto markieren?

Erfahrene Reparateure fangen DORT immer an zu suchen.

- Johannes
FForay
Ist häufiger hier
#12 erstellt: 11. Aug 2018, 15:30
Selbst wenn ich gar keine Musik laufen habe sondern den Verstärker nur im Power on Modus fahre, wird der heiß. Wo genau kann ich gar nicht sagen weil der gesamte obere Bereich ordentlich Hitze abstrahlt. Bei Belastung kann es sogar so weit gehen, dass ich die Hand nicht auflegen kann ohne mich zu verbrennen. Ich muss allerdings dazu sagen, dass man dies im Zusammenhang mit dem NAD C 326 BEE vermehrt im Netz lesen kann, es scheint daher kein Einzelphänomen meines Modells zu sein.
Hilft jetzt alles nichts weiter, ich weiß. Werde wohl in den sauren Apfel beißen müssen und die 200 € löhnen. Bleibt mir ja nichts anderes übrig. Ich werde dort aber auf alle Fälle mal nachfragen wie es sein kann, dass der NAD nach 6 Jahren derart ramponiert ist. Insofern waren deine Ausführungen hier sehr hilfreich für mich, Johannes! Ich hätte sonst gar nicht einschätzen können inwieweit die geschilderten Defekte als normal einzuschätzen sind.


[Beitrag von FForay am 11. Aug 2018, 15:35 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#13 erstellt: 11. Aug 2018, 17:37
Formulierungsvorschlag: "150€ sollten vielleicht zum Ziel führen. Wenn es darüber geht, bitte bei Dir melden"


Was Du über die Hitzeentwicklung beim NAD C326BEE schreibst, finde ich besorgniserregend.

Dass dieser Verstärker schon standardmäßig eine so große Hitze erzeugt, dass man auf dem Deckel keinen Hand mehr auflegen kann, ist eindeutig zu viel.
Nur Class-A Verstärker mit außenliegenden großen Kühlrippen werden so heiß und selbst dann ist die Faustregel die, dass die Kühlrippen nicht mehr als 55°C haben dürfen. Das Gehäuse muss kälter sein.

So etwas kann man salopp als "Sollbruchstelle" bezeichnen. Große Hitze im Normalbetrieb von Verstärkern bietet hohes Potential für geplante Obsoleszenz.

Man sollte wirklich mal die Haube abschrauben und hineinschauen, wo die Hitze genau entsteht.

War das bei dem Vorgängermodell C325BEE auch schon so?
Ist das bei den NAD Verstärkern häufiger so?

Nicht gut.


- Johannes
Poetry2me
Inventar
#14 erstellt: 11. Aug 2018, 17:53
Gerade entdecke ich: Über die Hitzeentwicklung am NAD C326BEE hatte ich selbst 2014 mal geschrieben:
https://www.analog-f...=1377379#post1377379


Wenn es nur die beiden Bratwiderstände R197 und R397 (plus die dazugehörigen Zenerdioden) sind, dann wäre es vielleicht nicht so schlimm mit der Hitze.

Aber eine Schwachstelle ist das allemal. zumal ein Elko schräg darüber sitzt, der die ganze Hitze abbekommt und Schaden nimmt. Da bricht irgendwann etwas zusammen.


Mittlerweile habe ich die diese Bauteile im Schaltplan identifiziert.

NAD C326BEE schematic detail left power amp heat sources marked
Poetry2me
Inventar
#15 erstellt: 12. Aug 2018, 00:29
Hier auf diesen beiden aufrecht stehenden Platinen-Modulen in der Mitte der Hauptplatine befinden sich also Hitze Sollbruchstellen:

NAD C326BEE PCB layout power amp initial stages heat sources marked

Es macht Sinn, die Lötstellen der Widerstände R197 und R397 zu prüfen und eventuell nachzulöten.

Die SMD Zenerdioden D116 und D316 sitzen auf der anderen Seite der Platine und erzeugen ebenfalls deutliche Hitze. Leider sitzen sie genau bei den Elkos C155 und C355, die damit von den Dioden "beheizt" werden.

Außerdem sitzen neben den heißen Widerständen jeweils noch die Kleinleistungstransistoren Q131 und !331.

Die aufsteigende Hitze all dieser Bauteile schädigt dann mit Sicherheit die Elkos C156 und C356.

Mindestens die Elkos rund um die heißen Bauteile würde ich erneuern: links C150, C155, C156, rechts C350, C355, C356.
Am besten alle Elkos erneuern, da es weitere heiße Bauteile auf diesen Platinen geben könnte.
Dabei sollte man Elkos mit 105°C Temperaturfestigkeit verwenden (statt der üblichen 85°C Typen wie im NAD Verstärker).

- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 12. Aug 2018, 09:51 bearbeitet]
Rabia_sorda
Inventar
#16 erstellt: 12. Aug 2018, 02:31
Scheint ja so, dass NAD nicht nur mit Wasser kocht, sondern auch noch zusätzliche Bauteile

Und ich dachte immer, dass NAD was "Besseres" ist....zumindest was es andere "Brot und Butter"-Geräte betrifft.
Ich nutze ja (fast) nur "billigere" Technics-Komponenten, aber sowas kenne ich da nicht.

OK, das ist jetzt nichts Konstruktives gewesen, aber evtl. könnte es doch an dem LS-Relais liegen. In einem anderen Thread war es einmal so heiß geworden, dass sich die Schaltkontakte für immer verbogen haben. Im Endeffekt war der Fehler identisch.
Heißt aber nicht, dass das hier genauso sein muss.
Daher mal den Vor-/Endverstärker-Test von Johannes vornehmen, wenn du den NAD wieder da haben solltest.
Und klopfe mal an das LS-Relais, wenn der Fehler wieder da ist. Ändert sich dann etwas?
Poetry2me
Inventar
#17 erstellt: 12. Aug 2018, 12:39
Ja, gute Idee von Rabia_sorda auch einfach mal während Signalbetrieb im Inneren des Amps alles abzuklopfen (mit einem Plastik/Holz Stiel). Und ja: gerade das Abklopfen des Lautsprecher-Relais bringt oft Klarheit, ob dort der Fehler liegt.

Der Themenersteller hat den Amp zwar schon beim Reparaturbetrieb gelassen, der Tipp könnte also schon "zu spät" kommen, aber für den nächsten Wiederholungsfall oder für eine Rückkehr des Gerätes hilft der Tipp bestimmt.

Ich gehe auch davon aus, dass wir bald mehr C326BEE (und Verwandte) mit Hitzefehlern haben werden.


Zum Design des NAD C326BEE:

Im NAD Marketing wurden klare Bezüge zum legendären NAD 3020 gemacht, der den guten Ruf der NAD Verstärker begründet hat. Das war kein Zufall.
Der Entwickler BEE hat die Schaltung der neuen Serie (C325BEE, C326BEE, ...) an einigen Stellen dem Modell 3020 ähnlich gemacht.

Auffällig ist beispielsweise, dass der Endverstärker keinen Eingangsdifferenzverstärker hat. Das verwundert, denn diese recht einfache Grundschaltung aus zwei Transistoren findet sich bei 99,9% aller HiFi-Endstufen, und das aus gutem Grund: Sie implementiert die besonders verzerrungsarme Fehlerkorrektur durch die Gegenkopplung im invertierenden Eingang. NAD verwendete beim 3020 als "Korrekturberechner" stattdessen nur einen einzigen Transistor, wobei dessen Basis-Emitter-Strecke mit ihrer krummen Kennlinie zwischen den Eingängen (nicht-invertierend & invertierend) liegt. Dies dürfte etwas höhere Verzerrungen bewirken. Beim C326BEE ist dies der Transistor Q129.

Das Softclipping ist ein weiteres Merkmal, welches - wenn auch anders implementiert - vom NAD 3020 übernommen wurde. Dazu wird zunächst die Versorgungsspannung der vorderen Schaltungsteile durch Zenerdiode um 3,3V abgesenkt, so dass die hinteren Schaltungsstufen auf keinen Fall eher in die Begrenzung gehen. Dann wird vorne noch mittels Klemmschaltung jeweils ab 18V "unterhalb" der +/- Versorgungsspannungen begonnen, das Signal abzurunden. Dadurch sollen Übersteuerungen nicht mehr zu unangenehmen Verzerrungen führen. Gut für die Party. Beim NAD 3020 war das aufgrund der niedrigen Leistung und damit niedrigen Versorgungsspannung auch ein wichtiges Feature. Bei den neueren Modellen ist die Versorgung und Leistung dagegen kaum zu knapp.

Ungewöhnlich sind dann auch die mittleren Verstärkungsstufen gestaltet. Hier findet sich Rafinesse im Schaltungsdesign durch mehrfache, kreuzweise symmetrisch verwobene Stromgegenkopplungen zwischen positiver und negativer Seite der Schaltung (ähnlich Diamond-Schaltung). Das kann man schwer in Worten beschreiben und erfordert bei der Entwicklung die intensive Verwendung von Simulationssoftware, was heutzutage zum Standard gehört.

Eine zusätzliche Vergleichsschaltung (Q136 und Q137) zwischen Ausgang und Eingang der Stromverstärkung erzeugt ein lokal eingespeistes Korrektursignal, welches damit vor allem die Übernahmeverzerrungen der Stromverstärkung bekämpft. Ähnlichkeiten dieses "Distortion Canceling Circuit" bestehen hier mit Yamaha ZDR ("Zero Distortion Rule") und anderen herstellerspezifischen Lösungen.

Am Ausgang in der Stromverstärkung findet sich - denke ich - eine Variante des Current Dumping (bekannt aus Quad 405 oder Technics New Class AA und Consorten), nur ohne Summierungsnetzwerk in Brückenschaltung, sondern einfacher Summenbildung der Ausgangsströme am Emitterwiderstand. Im Grunde ähnelt dies auch dem Kenwood SuperDLD Ansatz. Ein erstes Paar Leistungstransistoren (hier Q147 und Q149) arbeitet herkömmlich via Emitterwiderstand (R239 und R240) als Emitterfolger auf den Ausgang. Allerdings hängen diese jeweils via Kaskode-Transistor (Q146 und Q150) an der Versorgung und betätigen durch den Spannungsabfall an den Arbeitswiderständen (R243 und R247) zusätzlichen Leistungstransistoren (Q145 und Q151) in Emitterschaltung, deren Collectoren bei höheren Aussteuerungen ebenfalls Strom in die Ausgänge schicken.

Insgesamt macht dies die Schaltung komplexer als herkömmliche Verstärkerschaltungen.

In ultimativer Ausbaustufe findet sich diese innovative Schaltungstechnik in der großen Endstufe NAD Masters M3.


- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 12. Aug 2018, 12:50 bearbeitet]
FForay
Ist häufiger hier
#18 erstellt: 25. Aug 2018, 04:23
Sorry für die späte Antwort: ich habe den Verstärker in der Tat bereits für die veranschlagten 200 € reparieren lassen weil ich leider keine Alternative sah. So sehr ich auch fasziniert bin von high-tech jeglicher Art.... von der Elektrotechnik, Stromschaltungen, Physik, Lötungen etc. verstehe ich einfach nichts. Ich befürchte sobald ich selber Hand anlege, kommt es eher zu Verschlimmbesserungen als dass irgendein Problem gelöst wird.

Bevor ich dem Reparaturangebot zugestimmt habe, hat sich telefonisch ein Techniker bei mir gemeldet, der die Lage in etwa folgendermaßen geschildert hat:
"meine Kollegin hat das ein wenig missverständlich aufgeschrieben. Die Lötstellen sind alle in Ordnung aber wir erneuern die standardmäßig bei Geräten, die schon mehrere Jahre alt sind prophylaktisch. Die hohen Kosten kommen dadurch zustande, dass wir sehr lange gebraucht haben um den Fehler zu finden. Es handelt sich um ein sehr kleines Teil, das defekt war. Diesen Fehler kannten wir bisher noch nicht".
Er hat mir das Bauteil und den Fehler noch im Detail erklärt aber ich habe ehrlich gesagt nur Bahnhof verstanden. Ich werde mal fragen ob die mir vielleicht nochmal schriftlich eine kleine Fehleranalyse übermitteln können.

Zumindest funktioniert jetzt wieder alles einwandfrei. Ich habe sogar den Eindruck (der allerdings täuschen kann), dass jetzt alles viel besser klingt alles vorher. Viel druckvoller.


[Beitrag von FForay am 25. Aug 2018, 04:25 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#19 erstellt: 25. Aug 2018, 07:15
Freut mich, wenn es wieder funktioniert.

Wäre aber wirklich gut, wenn Du zumindest die eindeutige Bezeichnung des Bauteiles im Schaltplan hier posten könntest (z.B. C1234 oder so)
Dann muss nicht der nächste wieder 200€ oder mehr ausgeben muss,
Wir haben ja gemeinsam nicht wenig Zeit und Energie da hineingesteckt, das herauszufinden.

Haben die Reparateure etwas zu der auffälligen Hitzeentwicklung gesagt? Ist das "kleine Teil" durch Hitze kaputt gegangen?

- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 25. Aug 2018, 07:19 bearbeitet]
FForay
Ist häufiger hier
#20 erstellt: 27. Aug 2018, 11:13
So ich habe jetzt nochmal mit dem Techniker telefoniert (Email schreiben wollte er nicht). Er hat viel erklärt und ich habe versucht mitzuschreiben aber letztlich ist bei mir leider doch nicht viel angekommen:

1.) Das Relais hatte ein Problem im Anfangsstadium, was deshalb ausgewechselt wurde. Irgendetwas, das den Lautsprecher bei niedriger Lautstärke hat brummen/kratzen lassen. Möglicherweise aber für mich noch gar nicht hörbar.

2.) Das Hauptproblem, welches die beschriebene "Symptomatik" verursacht hat war eine defekte Z-Diode / Zehner-Diode in der linken Endstufe. Welche genau es war und ob die einen Kurzschluss verursacht hat oder was anderes, wusste er nicht mehr. Er meinte, dass er dieses Problem bei diesem Gerätetyp noch nie und bei anderen Verstärkern nur sehr selten angetroffen hat. Mit der Hitze habe das aber nichts zu tun. Er meint die Elkos waren alle in Ordnung und auch die Lötstellen waren alle ok, wurden wie gesagt nur vorsorglich erneuert.

Hilft euch das weiter? Detaillierter kriege ich es wohl nicht nicht mehr.
Poetry2me
Inventar
#21 erstellt: 27. Aug 2018, 20:33
Jaaaa, herzlichen Dank für die Details.

Vermutlich ist eine der beiden 5,1V Zener-Dioden D122 und D123 defekt gewesen. Diese gehören jeweils zu einer Art schwimmenden Shunt-Regler (zusammen mit den Stromquellen Q142 und Q144). Jeweils 5,1V oberhalb und 5,1V unterhalb des Ausgangssignals wird "schwimmend" ein Spannungspegel parallel mit dem Ausgangssignal bewegt. Ohne es im Detail zu analysieren kann man abschätzen, dass diese Spannungsdifferenz von 5V auch Begrenzungseffekte und damit Verzerrungen erklären würde, die beim Aufdrehen der Verstärkung zunehmen, wie Du sie beschrieben hast.

Zener-Dioden gehören allgemein nicht zu den zuverlässigsten Bauteilen, wenn auch meist wesentlich stabiler als z.B. Elkos oder Leistungsrelais.

Ich hoffe, wir hören demnächst von keinen ähnlichen Fehlern bei den NAD Verstärkermodellen dieser Serie, die alle eine ähnliche Schaltung haben.

Gratulation und viel Spaß mit dem Verstärker.

Die meisten Eigentümer scheinen mit dem Klang jedenfalls zufrieden zu sein.

- Johannes
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