Countertenor-Aufnahmen

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Petard
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 15. Jan 2005, 02:47
Tja - manchmal höre ich so etwas gern. Leider fehlt mir völlig der Überblick, was es da so an empfehlenswerten Sachen gibt.

Deshalb wäre ich dankbar, wenn ihr mir - falls ihr euch auch etwas für diesen Gesangsstil interessiert - ein oder zwei eurer persönlichen Favoriten nennen könntet, wobei mir die Schönheit der Musik im Zweifelsfall wichtiger ist als die Perfektion des Interpreten.

Gruß,
Peter
pha
Stammgast
#2 erstellt: 15. Jan 2005, 12:48
Hallo,

eine meiner Lieblingscds überhaupt, mit einem fantastischen Kontratenor:

Alessandro Scarlatti, Cantatas Vol. 3, mit Brian Asawa und der Arcadian Academy unter McGegan. Auf Deutsche Harmonia Mundi. Was dieser Mann an Leichtigkeit und Beweglichkeit zu bieten hat, sucht seinesgleichen. Dabei hat er eine wirklich schöne Stimme, der man nicht anmerkt, dass er eigentlich einige Lagen tiefer angesetzt ist.

Stilistisch und vom Timbre völlig anders, aber ebenfalls schön der "Star" der Kontratenöre, Andreas Scholl, auf der Platte "English Folk Songs & Lute Songs". Harmonia Mundi France. Zeitlich noch mal weit vor der Barockmusik meiner ersten Empfehlung. Eine Platte, die man am besten in leicht melancholischer Stimmung bei beginnender Dämmerung nach einem Regen hört.

Generell finden sich Kontratenöre, und teils sogar Sopranisten gerne in Barockopern. Du könntest z. B. mal in Xerxes von Händel hineinhören, oder in Opern von Lully. Barockopern sind allerdings nicht jedermanns Geschmack.

Grüße,
Peter


[Beitrag von pha am 15. Jan 2005, 12:51 bearbeitet]
Petard
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 15. Jan 2005, 19:17
Hallo Namenskollege,

etwas von Scarlatti/Asawa habe ich schon mal im Radio gehört, damals leider vergessen aufzuschreiben. Danke für die Erinnerung, diese CD werde ich mir sicher besorgen. Auch die zweite Empfehlung liest sich sehr vielversprechend.

Daß ich meine nicht gerade innige Zuneigung zu Opern vertiefen werde, glaube ich dagegen nicht...

Danke und Gruß,
Peter
pha
Stammgast
#4 erstellt: 15. Jan 2005, 19:54
Moin!

Jetzt hab ich noch ein paar, musste erstmal die Platten durchforsten. Wenn Dir die Folk Songs & Lute Songs gefallen sollten, hast Du in dem Komponisten John Dowland ein weites (frühbarockes) Feld... Viele viele Lieder für Kontratenor und Laute, alle von äußerst melancholischer Grundstimmung. Aber tolle Musik, ich empfinde sie als Balsam für die Seele. Übrigens stammt von diesem Komponisten auch sonst wunderbare Lautenmusik.

Einer der ersten, der den männlichen Alt wieder ins Bewusstsein gerufen hat, war Alfred Deller. Auch von ihm gibt es viele Aufnahmen, von denen man wahrscheinlich eher zu den älteren greifen sollte. Ich habe eine späte (80er Jahre) Dowland-Aufnahme mit ihm, da klingt er wohl altersbedingt teils ziemlich angestrengt.

Generell hörenswert ist der Komponist Henry Purcell, bei dessen Liedern ebenfals bisweilen Kontratenöre auftreten. Seine Melodien sind die pure Schönheit! Wenn Du die Möglichkeit hast, hör mal in "The Secular Solo Songs Of Henry Purcell Vol. 2" auf Hyperion rein. Könnte mir gut vorstellen, dass das gefällt.
Auch wenn Du die Abneigung gegen Barockopern kurieren willst, ist Purcell mit "King Arthur" (mit Les Arts Florissants und William Christie, auf Erato) eine vorzügliche Medizin

Viel Spaß beim Entdecken!

Grüße,
Peter
zoe
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 15. Jan 2005, 20:14

Petard schrieb:
Tja - manchmal höre ich so etwas gern. Leider fehlt mir völlig der Überblick, was es da so an empfehlenswerten Sachen gibt.

Gruß,
Peter


Wer sich schon Petard nennt, wird sich vielleicht für die französische Szene interessieren: Gerard Lesne in den Motetten von Scarlatti bei Veritas. Sublim.
Weniger zu empfehlen sein Vivaldi, insbesondere Salve Regina mit Blockflöten, die mir Ohrenschmerzen verursachen.

zoe
TobeyW
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 16. Jan 2005, 13:51
Hallo

mein Tipp : Scholl, Bertin, Visse

amazon.de

Gab es mal billig bei 2001 !

Grüße TW
Petard
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 16. Jan 2005, 17:55
Hallo zusammen,

@pha: Danke für die Tips. Ja, ich glaube, Purcell könnte mir gefallen. Der "Cold Song" von Klaus Nomi hat mich schon in den frühen Achtzigern fasziniert. Bisher habe ich nur Cembalomusik von Purcell daheim rumstehen, die höre bisweilen ganz gern. Wird also wohl mal Zeit für König Arthur, die Christie-Aufnahme ist ja auch sehr günstig.

@zoe: Namen sind Schall und Rauch. (Nur nichts falsches hineininterpretieren - aber zum Glück lesen hier wohl wenige Franzosen.) Danke!

@TobeyW: Die hatte ich schon in der Hand (bei 2001?)... aber die Aufmachung war so abschreckend!

Grüße,
Peter
Susanna
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 17. Jan 2005, 01:48
Hallo Peter und Alle,

pha schrieb:
Wenn Dir die Folk Songs & Lute Songs gefallen sollten, hast Du in dem Komponisten John Dowland ein weites (frühbarockes) Feld... Viele viele Lieder für Kontratenor und Laute, alle von äußerst melancholischer Grundstimmung. Aber tolle Musik, ich empfinde sie als Balsam für die Seele. Übrigens stammt von diesem Komponisten auch sonst wunderbare Lautenmusik.

Ja, so geht es mir auch! Obwohl Dowland musikgeschichtlich meist noch der Renaissance zugeordnet wird.

Hier ging's u. a. schon mal um Dowland:

http://www.hifi-foru...ead=140&postID=15#15

Es gibt eine gute CD mit Monteverdis "Orfeo", Andreas Scholl (zwar nicht in der Hauptrolle), René Jacobs, Concerto Vocale:




Jochen Kowalski wurde noch gar nicht erwähnt (?), den Andreas Scholl in einem Interview als Vorreiter für Countertenöre in Deutschland bezeichnet. Er singt auch Schubert, bei dem diese Stimmlage nicht so ganz mein Geschmack ist (irgendwie war die Zeit damals vorbei), aber mal was anderes, wer's mag:



Dann finde ich auch diese frühe Musik Ende 17. Jhdt. mit dem Countertenor (der auch als Dirigent tätig ist) René Jacobs und dem Lautenisten Konrad Junghänel (Leiter von Cantus Cölln) gut:


Gruß,
Susanna
pha
Stammgast
#9 erstellt: 17. Jan 2005, 12:42
Moin Susanna!


Obwohl Dowland musikgeschichtlich meist noch der Renaissance zugeordnet wird.


Vom Stil her bei den Lauten-Kompositionen ist er schon noch deutlich in der Renaissance, zeitlich wird er schon der Barockepoche zugeordnet, dachte ich (*1563, gest. 1626). War wohl eine etwas unentschiedene Übergangszeit von der Renaissance zum Barock.
Gibt es die „Renaissance-Musik“ als Gattung eigentlich? (das wäre jetzt die richtige Gelegenheit, das Musiklexikon mal wieder zur Hand zu nehmen. Heute abend vielleicht)

Grüße,
Peter
Torquato
Stammgast
#10 erstellt: 17. Jan 2005, 13:15
Hallo!

Im Zusammenhang mit der Frage nach Countertenor-Aufnahmen sicher von Interesse, wenn auch nur musikhistorisch und am Rande und nicht unbedingt als Kaufempfehlung, ist die einzige existierende Aufnahmeserie mit einem Kastraten. Es handelt sich dabei um Aufnahmen die 1904 in der Sixtinischen Kapelle, Vatikan Rom mit dem Sopran-Kastraten Alessandro Moreschi von der Gramophone Concert (DG) gemacht wurden.

Gibt's hier (mit Bild): http://www.counterpoint-music.com/specialties/moreschi.html

und bei amazon (ohne Bild und ohne Hörproben). Man kann jedoch bei einer anderen Compilation auf amazon zumindest in Moreschis "Ave Maria" hinein hören:

amazon.de

Hörprobe bei diesem Produkt CD 1, Track 2: http://www.amazon.de.../028-8835253-8760530

Grüße,
Torquato


[Beitrag von Torquato am 17. Jan 2005, 14:41 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 17. Jan 2005, 14:14

pha schrieb:


Obwohl Dowland musikgeschichtlich meist noch der Renaissance zugeordnet wird.


Vom Stil her bei den Lauten-Kompositionen ist er schon noch deutlich in der Renaissance, zeitlich wird er schon der Barockepoche zugeordnet, dachte ich (*1563, gest. 1626). War wohl eine etwas unentschiedene Übergangszeit von der Renaissance zum Barock.

Moin Peter,

Du hast recht, meine falsche Begriffswahl fiel mir hinterher erst auf! Stilistisch ist es noch Renaissance, musikgeschichtlich bereits Frühbarock.

Gibt es die „Renaissance-Musik“ als Gattung eigentlich?

Ich schließe mich dieser Website an:

http://www.martinsch...ance/komponisten.htm

Grüße,
Susanna
pha
Stammgast
#12 erstellt: 17. Jan 2005, 17:54
Hallo Susanna,

ich hatte ich mich nach kurzem überlegen schon Deiner Sicht angeschlossen. Da es hier nicht um eine musikhistorische Einordnung sondern um den Versuch geht, Petard einen Eindruck von dem zu geben, was er auf der CD findet, ist die Einordnung der Dowland-Lautenlieder in die Spätrenaissance sicher besser.
(es ging nebenbei auch wirklich nicht darum, Recht zu haben)



LG
Peter


[Beitrag von pha am 17. Jan 2005, 18:13 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 17. Jan 2005, 19:13

pha schrieb:
(es ging nebenbei auch wirklich nicht darum, Recht zu haben)

Hallo Peter,

ist das nicht schön, daß wir uns jetzt fast darüber streiten, nur ja nicht selber recht zu haben!? Aber es geht ja hier im Forum ohnehin immer nur um die Sache!

Liebe Grüße,
Susanna
cosmicauto
Ist häufiger hier
#14 erstellt: 18. Jan 2005, 10:26
Wir hatten das Glück mit unserem Chor 2001 bei Händels "Saul" mitwirken zu können. Als Sopranist sang Jörg Waschinski. Seine Stimme hat mir sehr gut gefallen. CDs von ihm habe ich leider noch keine.

http://www.joerg-waschinski.de/

Gruß
Cosmicauto
Petard
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 19. Jan 2005, 16:58
Hallo mal wieder!

Ich habe noch zwei interessante Quellen zum Thema gefunden.

Einerseits einen Usenetbeitrag mit einer ziemlich umfassenden, wenngleich nicht mehr ganz aktuellen (1996) Übersicht über Countertenöre und ähnliche incl. Bewertung: http://groups.google...et.net&output=gplain

Dann - auf deutsch - die informative "Male Soprano Page" unter http://www.linmpi.mpg.de/~kopp/disc/Index.html

Ich denke, ich habe jetzt genug Beschäftigung für die nächsten Wochen. Kann man ja auch nicht jeden Tag hören, diese Art von Musik.

Einige Anmerkungen noch:

Dowland werde ich mir demnächst mal genauer anhören. Laute gehört zwar nicht gerade zu meinen Lieblingsinstrumenten, aber mal sehen...

@Susanna:


Jochen Kowalski wurde noch gar nicht erwähnt (?), den Andreas Scholl in einem Interview als Vorreiter für Countertenöre in Deutschland bezeichnet. Er singt auch Schubert, bei dem diese Stimmlage nicht so ganz mein Geschmack ist (irgendwie war die Zeit damals vorbei), aber mal was anderes, wer's mag:

Nein danke, ich glaub' darauf mag ich auch lieber verzichten...

@Torquato:


Im Zusammenhang mit der Frage nach Countertenor-Aufnahmen sicher von Interesse, wenn auch nur musikhistorisch und am Rande und nicht unbedingt als Kaufempfehlung, ist die einzige existierende Aufnahmeserie mit einem Kastraten. Es handelt sich dabei um Aufnahmen die 1904 in der Sixtinischen Kapelle, Vatikan Rom mit dem Sopran-Kastraten Alessandro Moreschi von der Gramophone Concert (DG) gemacht wurden.

Über Moreschi habe ich mal ein Radiofeature gehört. Wenn ich mich richtig erinnere, stammen die Aufnahmen aus der Zeit, als er bereits aus dem vatikanischen Dienst entlassen und nicht mehr so ganz auf der Höhe seiner Kunst war. Würde ich genauso einschätzen, daß diese Aufnahmen eher von historischem Wert sind und vielleicht ganz interessant zum Vergleich zwischen Kastratenstimme und "Imitation", mehr nicht.

Wenn wir bei Kastraten sind, gibt es auch noch die Aufnahmen von "genetischen Kastraten", Menschen, die aufgrund hypogonadotropen Hypogonadismus (Kallmann-Syndrom genannt) nie ihren Stimmbruch hatten. In oben angegebenen Links sind einige aufgeführt. Ich kenne nur den wunderbaren Jimmy Scott, dessen bewegende Jazzballaden-Interpretationen ich jedem ans Herz legen kann, der so etwas hören mag.

Danke und Gruß,
Peter
Torquato
Stammgast
#16 erstellt: 23. Jan 2005, 14:51
Hallo Petard!

Vielleicht noch ein Radio-Tipp gefällig?

NDR KULTUR, Sa, 29. Januar ab 20:00 Uhr, Thema: Farinellis Erben (2 Stunden)

Moderation: Hans-Heinrich Raab

Falls Du nicht im Sendegebiet wohnst http://www.ndrkultur.de/popup_audio/0,2544,OID45654,00.html

Informationen zur Sendung auf ndrkultur.de:

Im 18. Jahrhundert beherrschte eine besondere Spezies von Sängerstars die italienischen Opernbühnen, die wir heute nur noch dem Hörensagen nach kennen: die Kastraten. Einer der berühmtesten hieß Carlo Broschi, wurde vor 300 Jahren geboren und unter dem Namen Farinelli zu einer Legende. Zwar sind die Kastraten inzwischen ausgestorben, aber ihre Kunst vermag noch immer zu faszinieren, so dass die Praxis der Countertenöre inzwischen einen Boom erlebt, wie ihn noch vor 30 Jahren niemand für möglich gehalten hätte. Countertenöre wie Lee Ragin, Jochen Kowalski, René Jacobs oder Andreas Scholl sind es, die heutzutage mit ihrem atemberaubenden Falsettgesang die Illusion vom dritten Geschlecht wiederbeleben.


Danach bis 24:00 2 Stunden lang verschiedene Countertenor-Aufnahmen (Alfred Deller, Paul Esswood, Michael Chance, Andreas Scholl, James Bowman, Daniels Charles, David Cordier, Christopher Robson, René Jacobs, Kai Wessel, Gérard Lesne, Gerson Luis Sales. u.a.). Genaue Programmabfolge hier: http://www.ndrkultur...13,OID907962,00.html (ganz unten)

Gruß, Torquato
Petard
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 23. Jan 2005, 16:00
Super Tipp, Torquato.

Danke!
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