Wagner, R.: Holländer - Wer baut auf Wind, baut auf Satans Erbarmen

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht

#1 erstellt: 11. Feb 2004, 23:42

Richtig geraten !
Dieser Thread behandelt Wagners "Fliegenden Holländer"
Es war ja ausgemacht,daß auch die Oper zum Zug kommen soll,
und weil hier ja einige Wagnerianer unter uns weilen, hab ich diese ausgesucht, obwohl ich selbst eigentlich kein Wagner-Freak bin. Aber diese Oper, eine Gruselgeschichte, die seit hunderten Jahren, in immer wieder neuen Varianten in der Literatur auftaucht, zuletzt bei Heinrich Heine, wo Wagner sie kennenlernte, ist schon faszinierend. Und auch die Musik ist so, daß sie auch Nichtwagnerianer fasziniert.
Wie wahr das ist, habe ich erfahren, als ich in meine beiden
vorhandenen "Referenzeinspielungen" nur kurz hineinhören wollte, und mich dann nur mit Mühe losgeeist habe um hier dieses Thema zu beginnen..

"Der Fliegende Holländer" ist wohl eines jener Werke,
die man auch ein halbes Dutzend mal im Plattenschrank
(CD-Box ,)) haben könnte, und noch immer nicht *die*
perfekte Version gefunden hätte.

Aber das hat Tradition.Wagner selbst war mit der Uraufführung (2.1.1843, Dresden) nicht zufrieden, bezeichnete die Sänger als "öde", bemäkelte die Schwächen des Libretto (von ihm selbst, und durchaus gut übrigens)und machte Korrekturen am Finale.....

Für mich habe ich folgende Einspielungen ausgesucht:

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

Daland..........Karl Ridderbusch
Senta...........Gwyneth Jones
Erik............Hermin Esser
Mary............Sieglinde Wagner
Steuermann......Harald Ek
Holländer.......Thomas Stewart

Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele (1971)
Karl Böhm
Deutsche Grammophon

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

Daland..........Martti Talvela
Senta...........Anja Silja
Erik............Ernst Kozub
Mary............Annelies Burmeister
Steuermann......Gerhard Unger
Holländer.......Theo Adam

BBC Chorus /New Philharmonia Orchestra
Otto Klemperer
EMI
Aufnahmejahr 1969

Es ist schwer die beiden Aufnahmen miteinander zu vergleichen, jede hat ihre Meriten und ihr
eigenes Flair.
Schaltet man von der wohlklingenden
Klemperer-Studioaufnahme zu jener Böhms, so fällt
zunächst der etwas naturbelassenere härtere Klang
(Liveeinspielung) auf. Das wäre an sich nichts
besonderes, jedoch, wenn man nach eingen Minuten
die Gegenprobe macht, wirkt Klemperer zu zahm (!!)
Ich habe mir solche Vergleiche üblicherweise längst
abgewöhnt und lasse die Vorzüge jeder der beiden
Aufnahmen auf mich wirken, aber für solch einen Artikel
gehe ich von der Regel ab. Dabei lerne ich CDs oft
völlig neu hören.

So und nun seid "ihr" am Zug.
Schreibt eure Eindrücke über diese beiden Gesamtaufnahmen,wenn ihr sie kennt, bzw versucht mich zm Kauf einer Alternativeinspielung zu verführen, die
Ihr persönlich für besser haltet.

Grüße aus Wien
sendet
Alfred

[Beitrag von Alfred_Schmidt am 11. Feb 2004, 23:47 bearbeitet]

ehemals_ah
Administrator

#2 erstellt: 12. Feb 2004, 17:54

Hallo,

ich kenne die oben genannten Aufnahmen nicht, besitze selbst nur eine Aufnahme mit Solri(DECCA), die durchaus überzeugend ist ...

Tantris
Hat sich gelöscht

#3 erstellt: 13. Feb 2004, 10:31

Hallo Alfred,

meine Empfehlungen:

Daland..........Giorgio Tozzi
Senta...........Leonie Rysanek
Erik............Karl Liebl
Mary............Rosalind Elias
Steuermann......Richard Lewis
Holländer.......George London
Royal Opera
unter Antal Dorati
Decca

Mitreißend und vokal herausragend, nur die Aufnahmetechnik und die disparaten Tempi nerven zuweilen etwas.

Ansonsten verdienen IMHO eine dringende Empfehlung 2 Videoaufnahmen:

DALAND.......................Matti Salminen
SENTA........................Lisbeth Balslev
ERIK.........................Robert Schunk
MARY.........................Anny Schlemm
DER STEUERMANN DALANDS.......Graham Clark
DER HOLLÄNDER................Simon Estes
Bayreuther Festspiele
unter Woldemar Nelsson/Harry Kupfer
Philips Video

Kongeniale Neuinszenierung der Oper mit absolut fesselnder Verschiebung der Bedeutungsebenen

und noch eine etwas unbekanntere Videoaufnahme:

Daland - Matti Salminen
Senta - Hildegard Behrens
Holländer - Franz Grundheber
Savonlinna Festival
unter Leif Segerstam
Teldec Video

Klassische Inszenierung in sehr gut passender Open-Air-Ruine

Beide sind leider nur auf VHS und LD erhältlich gewesen.

Gruß, T.

[Beitrag von Tantris am 13. Feb 2004, 10:32 bearbeitet]

Hilda
Stammgast

#4 erstellt: 13. Feb 2004, 11:17

geb ich also auch noch meinen senf dazu...

von den aufnahmen, die ich habe (Steinberg, Klemperer, Dorati, Sawallisch, Nelsson) kann man Steinberg getrost in die tonne kloppen ;). Diese Aufnahme wurde von der Kritik zwar gelobt, ist aber das undramatischste an wagner, was mir seit langem untergekommen ist, zumindest orchesterseitig. schade für die teilweise doch sehr guten sänger - seiffert ist ein prima erik auch muff gefällt mir sehr gut.

von den übrigen vier habe ich den klemperer erst kürzlich erworben (bei zweitausendeins für 14 Euro

) und habe ihn erst einmal durchgehört. mein erster eindruck war sehr positiv.

die empfehlung von tantris würde ich für den dorati unterstützen und beim nelsson einschränken wenn man es auf die cd bezieht. bei dieser aufnahme gehört die visuelle komponente unbedingt dazu! auf der cd verliert das ganz etwas, weil man sich auch etwas mehr an den sänger unzulänglichkeiten festhört (balslev ist imho keine besonders gute senta, estes ist geschmackssache).

ich persönlich bin mit dem sawallisch holländer aufgewachsen, der imho den besten holländer sänger auf stereo hat (Franz Crass), sowie anja silja live (muss man nicht mögen - ich mags...). Der Daland von Greindl ist allerdings grenzwertig nasal ;). Als Gesamtaufnahme weckt sie mir aber doch am meisten gefühle....

Um noch zwei aufnahmen zu empfehlen, die ich nur auf LP habe und die beiden besten mir bekannten mono holländer sänger zeigen sind die Bayreuther-Aufnahmen von 1955 und 1956 mit Herrman Uhde und George London. London ist hier imho deutlich besser in From als auf dem Dorati-Mitschnitt. Sowohl Uhde als auch London erzeugen in der Schlussszene eine Gänsehaut, die ich woanders nicht erlebe.

Die Besetzung hier jeweils:

1955
Hermann Uhde, (Holländer) - Ludwig Weber, (Daland) - Astrid Varnay, Senta) - Wolfgang Windgassen, (Erik) - Elisabeth Schärtel, (Mary) - Josef Traxel, (Steuermann)
Hans Knappertsbusch

1956
George London, (Holländer) - Arnold van Mill, (Daland) - Astrid Varnay, (Senta) - Joseph Traxel, (Erik) - Elisabeth Schärtel, (Mary) - Jean Cox, (Steuermann)
Joseph Keilberth

Gruss
Klaus

ruhri
Stammgast

#5 erstellt: 13. Feb 2004, 23:06

Ich habe eine Aufnahme von Clemens Strauss, Orchester der bayrischen Staatsoper, 1944.

Tja, Wagner, ich weiß nicht.

Tantris
Hat sich gelöscht

#6 erstellt: 14. Feb 2004, 19:00

Hallo Klaus,

Endlich mal jemand, der mit mir in punkto Beurteilung der Steinberg-Aufnahme (Naxos) übereinstimmt, ich habe für die schonmal einen Verriß bei Amazon geschrieben und hatte schon Angst, damit allein dazustehen... ;-) (Scherz)

Nelsson/Kupfer: Völlig d´accord, ohne Videobild ist der Reiz weg - das gilt übrigens lustigerweise für viele Kupfer-Inszenierungen, z.B. dem Bayreuther "Ring" und dem Berliner "Parsifal". Schade eigentlich, daß es von der aktuellen Bayreuther (Albrecht/Guth) keinen Videomitschnitt gibt und wohl auch nicht geben wird, die ist wirklich genial, im Radio wurde nur die etwas vergurkte Premiere übertragen.

Hab gerade zum Thema Holländer mal in den Plattenschrank geschaut und noch 2 Kuriosa entdeckt (beides Laserdiscs, gab es aber auch auf VHS), nämlich eine jüngere Sawallisch-Aufnahme, die besonders wg. Robert Hale als Holländer (mein absoluter Favorit in diesem Stimmfach, z.B. auch als Wotan) und Peter Seiffert als Erik trotz des etwas langweiligen Dirigats ein Reinhören verdient. Kuriosum Nr. 2 höre ich gerade im Moment, aus dem Grand Theatre de Geneve unter Horst Stein, mit einem sehr untypischen Leif Roar in der Titelrolle (und indiskutabler Tontechnik).

Hat vielleicht noch jemand Meinungen zu einzelnen Interpreten? Über George London wurde ja bereits diskutiert, ich persönlich sehe Robert Hale als zumindest ebenbürtig an, als Senta ist Hildegard Behrens mein klarer Favorit. Daland mag ich persönlich nicht so gern mit "Dröhnbässen" (Salminen, Ryhänen) besetzt, vielleicht hat da jemand noch (neben der Dorati-Aufnahme) einen Tip?

Gruß, T.

wolfman
Schaut ab und zu mal vorbei

#7 erstellt: 15. Feb 2004, 17:57

Hallo Alfred,
wundert mich, daß Du noch nicht über die wirklich brilliante Karajan-Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern von 1984 (EMI) gestolpert bist.
Allein die Ouvertüre, die wohl noch nie zuvor so dermaßen kraftvoll und ausdrucksstark interprtiert wurde, lonht den Kauf diser Doppel-CD.
Karajan hat auch oder gerade in Sachen Wagner-Interpretation Maßstäbe gesetzt, an denen sich jede Neueinspielung messen lassen muß.

Gruß

Wolfman

Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht

#8 erstellt: 16. Feb 2004, 19:00

@wolfman

wundert mich, daß Du noch nicht über die wirklich brilliante Karajan-Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern von 1984 (EMI) gestolpert bist

So ist das auch wieder nicht, ich erinnere mich sogar als die neu rauskam. Aber die Kritiken waren lauwarm bis ablehnen, soweit ich sie damals gelesen hatte....
(Damals glaubte ich noch an Kritiken,,,,

Auf jeden Fall werd ich sie im Auge behalten, AFAIK
wurde sie ja jetzt in den Midprice-Bereich verschoben.

Auf jeden Fall, danke für deine Bewertung
Gruß
Alfred

Susanna
Hat sich gelöscht

#9 erstellt: 18. Feb 2004, 20:23

...Wagners "Fliegenden Holländer"
Und auch die Musik ist so, daß sie auch Nichtwagnerianer fasziniert.

Hallo,

da ich nicht zu den Wagnerianern gehöre, kann und will ich nichts zum "Fliegenden Holländer" sagen. Eine Frage an die Kenner allerdings hätte ich: Stimmt es, daß dieses frühe Werk gar nicht so recht im Reigen der Wagneropern für voll genommen wird, im Vergleich zum "Ring" z. B. ?
Mir gefällt der "Fliegende Holländer" sehr, und genau deshalb habe ich den oben ausgesprochenen Verdacht.

Gruß,
Susanna

Rocki
Ist häufiger hier

#10 erstellt: 19. Feb 2004, 00:16

Moin!
Vorige Aussage über den Holländer und seine nur teilweise Akzeptanz unter Wagnerianern stimmt so nicht. Dasjenige Werk, das es am schwersten hat - obgleich es außer übermäßiger Länge tolle Musik beinhaltet sowie einige der beeindruckendsten Chorstellen der gesamten Opernliteratur ist 'Rienzi'. Der 'Holländer' gehört eigentlich zum normalen Wagner-Standard.

Ich bin lediglich im Besitz der Sawallisch-Aufnahme, dei gefällt mir aber ganz gut. Anja Silja ist für mich DIE Wagner-Sängerin. Der ganze Neu-Bayreuther Stil gefällt mir überhaupt sehr gut - einfach zeitlos.

op111
Moderator

#11 erstellt: 19. Feb 2004, 00:20

Hallo Susanna,

...Wagners "Fliegenden Holländer"
Und auch die Musik ist so, daß sie auch Nichtwagnerianer fasziniert.

Stimmt es, daß dieses frühe Werk gar nicht so recht im Reigen der Wagneropern für voll genommen wird, im Vergleich zum "Ring" z. B. ?

ich halte mich für einen Wagnerianer und mag den Holländer in beiden Versionen. Aber ich allein bin ja nicht repräsentativ f. alle Wagnerianer.

Als interessantes Experiment bietet sich das "Blindhören" fremdsprachiger Versionen Wagnerscher Werke an.
Manches im Holländer und Tannhäuser wird gern für Verdi gehalten, wenn der Text ungewohnt ist.
Gruß
Franz

mefisto
Ist häufiger hier

#12 erstellt: 10. Jun 2004, 13:37

Guido aus Berlin "empfiehlt" FOLGENDEN "Holländer":Live aus dem Teatro Colon(1936),tonteschnisch akzeptabel, musikalisch hervorragend;Besetzung:FRED DESTAL (für mich neben Crass,Uhde und London);DER BESTE HOLLÄNDER auf CD;Marjorie Lawrence(Senta-vortrefflich);Alexander Kipnis(Daland);Rene´Maison(Erik-super);Irra Petina (Mary-fantastisch)ebenso Hans Clemens (Steuermann);FRITZ BUSCH am Pult hält die Spannung durch die gesamte Vorstellung.CD bei Pearl.Gruss an alle"Holländer"-Fans.