Sennheiser HD 650 / 700 an Rotel RA-12 / Yamaha A-S 1000 und Lehmann Linear Audio

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Totenlicht
Stammgast
#1 erstellt: 19. Dez 2013, 23:53
Servus,


nach buchstäblich Jahren der Abwesenheit im Forum und Zufriedenheit mit meiner HiFi-Situation habe ich in den letzten Wochen, bedingt durch eine große Anzahl neuer Tonträgeranschaffungen, den status quo einem Review unterzogen und angefangen, Vorhandenes neu zu bewerten bzw. in Konsequenz zu veräußern und zu ersetzen. Dies ist eine Zusammenfassung der Erfahrungen und Erkenntnisse dieser Zeit (Achtung, das wird ein längerer Text)

Kurz zum vorhandenen "Fuhrpark": im Keller eine Rotel 1070er Vor/End Kombi an B&W 703. Völlig zufrieden hier, der Raum ist das Einzige das mir hier zu schaffen macht, aber an der Technik gibt's seit mehr als 7 Jahren nichts auszusetzen. War und ist immer mein Traum gewesen, funktioniert nach wie vor einwandfrei.

Wohnzimmer: Yamaha RX-V 800, B&W 602 S3, sowie zwei Video-Player von Panasonic (ein alter S-75 und ein etwas neuerer BluRay Player der 150 Euro Klasse).

Zum Stein des Anstoßes:

Prinzipiell verlege ich ausgedehntere Höraktivitäten eher in den Keller, im Wohnzimmer wird eher "nebenbei" gehört und geschaut, zu diesem Zweck gab und gibt es (neben den genannten Videokisten noch ein iPod Dock als Audioquelle und als Bildwandler einen auch schon wieder sieben Jahre alten Sammsung LCD.

Das Hören über die kleinen B&Ws (herrje, auch schon wieder über zehn Jahre alt, meine ersten "richtigen Boxen") macht seit jeher Spaß, auch wenn der Yamaha aus einer Zeit stammt als AV-Receiver nicht gerade Stereoboliden waren, aber damals hat er in meinen Ohren ziemlich souverän gegen diverse Konkurrenten in eben jener Disziplin gewonnen, und seitdem tut er (bis auf ein unwilliges Lautstärkepoti und einen defekten Speicherelko für die Settings) klaglos seinen Dienst.

Nun besitze ist seit ebenfalls mehr als einem Jahrzehnt einen AKG K 601. Ich weiß nicht mehr, welcher Impuls mich damals zum Kauf geführt hat, aber irgendwie bin ich die ganzen Jahre nie warm geworden mit dem Teil, mir immer wieder einredend dass es nun mal ein HiFi Kopfhörer ist der halt bassschwach und neutral klingen muss und vielleicht doch zum Klassikhören taugt (was auch tatsächlich der Fall war, Klassik kann er ganz gut, aber alles Andere hat einfach nur genervt). Immer wieder mal rausgekramt, ein, zwei Songs gehört, wieder weggelegt weil's keinen Spaß machte. Am iPhone natürlich am wenigsten, aber auch am Yamaha (und auch an der Rotel Vorstufe im Keller) kam keine Freude auf.

Irgendwann bin ich dann mal um den HiFi Laden in der Nähe meiner Arbeit herumgeschlichen (München Obf), und habe mich verstohlen nach einem neuen Verstärker umgeschaut, in der Annahme, damit dem AKG seine wahren Stärken entlocken zu können. Vielleicht waren ja nur die Kopfhörerausgänge meiner Geräte Mist? Der entscheidende Impuls kam dann im Gespräch mit dem freundlichen Mitarbeiter vor Ort der ganz trocken meinte "Vielleicht mal einen neuen Kopfhörer probieren? Der 601er war eh nie so toll". Im Anschluss durfte ich noch zwei Kopfhörer verschiedener Preisklassen Probe hören, der erste war glaube ich der HD 600 von Sennheiser, der zweite, eine wahrer Riese, edel mit Holz und Leder geschmückt, wohl ein Audeze LCD-3. Als Verstärker kamen dabei ein mir nicht mehr in Erinnerung befindliches, dunkles Modell von der Größe einer Vorstufe und der Lehmann Audio linear zum Einsatz. Der erste Kandidat war bereits wirklich gut, wenn auch etwas hart und spitz im Klang. Subjektiv und natürlich zusammen mit dem wirklich guten Sennheiser besser als alles was ich bisher daheim gehört hatte.Der Lehmann besaß dann noch einmal eine gesteigerte Sanftheit, die den ersten Verstärker fast schon wieder alt aussehen ließ. Angenehm, unaufdringlich - nahe an dem was ich mir vorstellte. Der Audeze konnte mich in der Kürze der Zeit nicht überzeugen, nicht weil er schlecht gewesen wäre, aber der Abstand und Unterschied zum Sennheiser war einfach nicht deutlich genug.

Nachdenklich und natürlich unzufriedener denn je zog ich nach diesem Erlebnis erst einmal von dannen, noch mit dem völlig irrigen Ansatz, mir nun doch einen Kopfhörerverstärker zu holen, den AKG noch immer nicht abschreibend. Ein paar Tage später dämmerte mir dann unterbewusst dass die Elektronik nicht wirklich das Problem sein konnte, auch wenn der Lehmann mir nicht ganz aus dem Kopf gehen wollte. Spontan bestellte ich mir - ohne ihn jemals selbst gehört zu haben - den HD 650 von Sennheiser, nicht ohne nach Abschicken der Bestellung noch ein paar Tage mit mir zu hadern.

Was soll ich sagen, nach dem Auspacken und den ersten Tönen am Yamaha war ich endgültig sicher was das Problem war: der AKG wollte und will einfach nicht zu meinen Hörgewohnheiten passen. Ich mag klassische Musik, aber die meiste Zeit ist es nun einem Metal, Prog Rock und Ähnliches. Der Sennheiser machte im Vergleich alles so viel besser, selbst ohne dedizierten KHV, dass ich den Rest des Tages damit verbrachte CDs hervorzukramen und ausgiebigst Musik zu hören. Ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass dieser Tausch wirklich eine Offenbarung war.

Nun war die ganze Sache aber natürlich noch nicht ausgestanden, denn der Lehmann spukte mir noch immer im Kopf herum, die Erinnerung an das kurze Hörerlebnis im Laden stachelte mich an, nun auch noch die Verstärkerfrage zu klären. Auch in diesem Fall schlug ich wieder erst den falschen Weg ein, indem ich mir einbildete, jetzt den Yamaha ersetzen zu müssen, und zwar durch einen Vollverstärker dessen Kopfhörerausgang deutlich besser war als der des Receivers. Musste es doch geben, verdammt nochmal. Gleichzeitig sollte ein solches Gerät auch am liebsten digitale Schnittstellen bieten und möglichst noch USB um iPhone und digitale Quellen weiterhin anschließen zu können (Mehrkanal ist ja eh kein Thema bei mir, deshalb hätte ein solches Gerät den AV Receiver durchaus ersetzen können).

Also das Netz bemüht, Modelle durchgeschaut, Eigenschaften verglichen, Testberichte gewälzt. Die Riege der Kandidaten war dann eher überschaubar, und eigentlich war der Rotel RA-12 von Anfang an meine erste Wahl. Digitalschnittstellen, schickes Aussehen und die gute Erfahrung mit meinem vorhandenen Rotels - sollte doch passen?! Wieder Preise verglichen, fast nochmal blind bestellt - und es dann doch sein lassen - zum Glück.

Den Sennheiser hatte ich nicht in dem netten Laden am Ostbahnhof gekauft, trotzdem trieb es mich mit einem guten Gefühl wieder dahin. Ich vereinbarte einen Hörtermin in der Mittagspause, bei dieser Gelegenheit wollte ich den RA-12 gegen Yamaha A-S 1000 (ja, keinerlei Digitalschnittstellen, aber mir vom Händler am Telefon schmackhaft gemacht und bereits durch seine tolle Optik aufgefallen) und Lehmann Linear hören, primär also ein Vergleich am Kopfhörerausgang, wobei natürlich die beiden Vollverstärker auch an einer guten Box ihr Können beweisen sollten.

Der Hörtermin gestaltete sich anfangs etwas "schwierig", da ein anderer Interessent (der aber primär auf ein Paar Standboxen und eher nicht auf die Elektronik aus was) den Rotel in Beschlag nahm. Also wurde ich kurzerhand "dazugesteckt", woraus sich ein sehr nettes Gespräch und erste Höreindrücke an einer schlanken Dynaudio ergaben. Ich hatte mein eigenes Material dabei, welche auch aufspielen durfte, auch das iPhone kam zum Einsatz, angesteckt und fertig, wirklich toller Klang. Das zweite Boxenpaar, eine CM9 von B&W gefiel noch besser in Sachen Basskontur, Bühne und Kraft, hatte aber bei sehr tiefen Tönen mit Bassdröhnen zu kämpfen, wohl dem Raum geschuldet.
Irgendwann war ich dann allein und durfte mich ganz meinem Kopfhörerexperiment widmen. Bisher war der Rotel ganz weit vorn. Also flugs den Lehman an den Pre-Out des Rotel gehangen, CD Player dran und dann fleißig umgestöpselt. Hörer war der HD 700, also etwas über meinem 650 angesiedelt. Es gab Miles Davis zu hören, Edvard Grieg, sowie EinsHoch6 und Queen. Kreator und Procupine Tree durften auch nicht fehlen.
Tja, Ernüchterung, Wahrscheinlich lag es auch an der beinah übertriebenen Feinzeichnung des HD 700, aber sobald etwas schrillere Töne angeschlagen wurden fing es an, in den Ohren weh zu tun. Dazu kam ein über das gesamte Lautstärkeband gleichmäßiges Grundrauschen des Rotel. Nicht störend beim Hören, aber in stillen Passagen und im Stop-Zustand nicht zu leugnen.
Am Lehmann dagegen: absolute Stille, der Klangeindruck: deutlich sanfter, breitere Bühne, stärkere Differenzierung der Instrumente. Man konnte es nicht in jeder Passage hören, aber hin und wieder, vor allem in Momenten, in denen viele Instrumente auf einmal spielten, fiel mir auf, dass der Lehmann diese überhaupt erst richtig erkennen ließ wo der Rotel diese so in den Hintergrund stellte dass man zweimal hinhören musste um ihre Anwesenheit zu bemerken.
Einigermaßen enttäuscht ließ ich den Yamaha anschließen. Der Rotel hatte in diesem Moment schon verspielt zumal auch das haptische Erlebnis des Lautstärkereglers nicht überzeugen konnte. Nur sehr wiederwillig ließ sich dieser drehen, auch wenn er in Sachen Oberfläche und edler Anmutung auf den ersten Blick überzeugte.
Leider war es genau an dieser Stelle auch mit dem Yamaha nicht besser bestellt. Das Poti - wenn auch mindestens ebenso schick anzusehen und anzufassen - wackelte lustig vor sich hin. Vielleicht ein zufälliger Defekt.
Ich muss noch erwähnen dass im Hörvergleich an der B&W keinerlei Unterschied zwischen Rotel und Yamaha auszumachen war, auch wenn der Verkäufer den Yamaha als das eindeutig bessere Gerät pries.
Wenigstens als Kopfhörerquelle trifft das auch zu, ich hatte keine Mühe, im Direktvergleich die Qualitäten des A-S 1000 zu bemerken. Weniger Spitz als der Rotel, entspannter und ohne jegliches Grundrauschen. Gefiel mir gut. Aber trotzdem. der Lehmann war besser. Wieder die Instrumentendifferenzierung wenn es "unübersichtlich" wurde, wieder die Bühne, wieder die Leichtigkeit und Sanftheit, ohne aber langweilig zu wirken oder irgendetwas glatt zu bügeln. Herrlich.

Inzwischen hatte ich mir auch den Verstärkerkauf abgeschminkt und mit der Tatsache angefreundet, dass es wohl leider wirklich keinen (bezahlbaren) Vollverstärker gibt der an den Lehmann herankommt.
Aus diesem Grund musste der Audio Linear auch sofort mit. Da es ein Demogerät war gab's (zusätzlich zum ursprünglichen Rabatt) noch einmal einen Nachlass, was eine Endsumme von glatten 700 Euro ergab. Nicht gerade ein Pappenstiel, aber - für MICH - eine der besten Investitionen die ich je im HiFi Bereich getätigt habe.

Die wichtigste Erkenntnis für mich war tatsächlich, dass das wichtigste beim Musikhören nicht unbedingt Detail und effekthaschende Klarheit oder dicker Bass sind, sondern einzig und allein entspannte und wirklichkeitstreue Präsentation der Quelle.
Der Lehmann lässt mich sogar gestreamte Spotify-Inhalt neu erleben, in einer Klarheit die unmöglich schien. Der Yamaha darf weiter die B&Ws befeuern, aber wenn ich nach Feierabend richtig Musik hören will, dann gibt es nur den Lehmann (der übrigens mit den billigsten Beipackstrippen angeschlossen ist die ich gerade hatte).
Die zweitwichtigste Erfahrung war wohl, dass an einem guten Lautsprecher ein ordentlicher Verstärker der 700 bis 1000 Euro Klasse nicht viel falsch machen kann, man den Kopfhörerbetrieb aber lieber doch einem dedizierten Gerät (oder eventuell einem weitaus teureren, Nicht.-KHV, ich habe schließlich nie wirkliche Highend Verstärker oder Vorstufen getestet) überlässt.

Viel Text, vielleicht die eine oder andere Hilfe für jemanden, der Ähnliche Überlegungen angestellt hat. Vielleicht auch für Andere nur Geschwafel Meinungen und Ergänzungen sind willkommen.

René
HiFioldi
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 09. Jan 2014, 12:17
Schöner Bericht. Nach meiner Erfahrung reichen für KHV schon unter 200 EUR Modelle, um deutlich an den Klinkeausgängen normaler Verstärker vorbeizuziehen. Ohne KHV sollte wenigstens der Ausgang am CD Player genutzt werden, wenn nicht vorhanden unbedingt KHV. Fachhändler verkaufen meistens die teuren Edelteile, da ist Internetangebot kundenfreundlicher - wenn man bereit ist etwas Risiko einzugehen, aber bei Nichtgefallen hilft die e-Bucht.
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