Karosseriedämmung, mal etwas umfassender erklärt:

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SchallundRauch
Inventar
#1 erstellt: 04. Dez 2006, 05:04
Dieser Thread ist noch lange nicht vollständig, wer etwas ergänzen möchte (Grafiken, zusätzliche Grundlagen etc.) kann sich gerne hier oder per PM beteiligen.

Ich versuche mal etwas genauer zu erklären was genau durch das aufbringen von Dämmmaterialien im Auto überhaupt mit den betreffenden Teilen passiert. Evtl. hilft es euch ja etwas zielstrebiger das richtige Dämmmaterial für euer Auto zu finden.

Ich werde auch ein paar Physikalische Formeln verwenden welche ich aber nicht genau herleiten möchte, schließlich gibt es dafür im Zweifelsfalle Seiten wie Wikipedia auf denen sich schon andere Leute diese Arbeit gemacht haben.

Die erste Frage die sich stellt ist:

„Was passiert überhaupt mit dem Blech, warum rappelt es?!“


Dies lässt sich im Grunde genommen leicht erklären, das Blech ist etwas elastisch und hat eine bestimmtes Gewicht.(und zusätzlich noch eine innere Dämpfung)

Die oben erwähnten elastischen Eigenschaften lassen sich durch die Federkonstante c beschreiben und das Gewicht durch die Masse m.

Daraus ergibt sich für ein ungedämpftes (ideales) System die Eigenfrequenz nach der Formel

f²=c/m

Was bei der Anregung eines Schwingungsfähigen Systemes in der Nähe der Eigenfrequenz passiert hat wahrscheinlich jeder von euch schon mal irgendwo gesehen oder erlebt.

Das System schaukelt sich in diesem Falle immer weiter auf und es kommt zu unerwünschten Effekten wie einstürzenden Hängebrücken...

Zum Glück wirkt in jedem Material eine (innere) Dämpfung gegen dieses Aufschaukeln, ist sie groß genug herscht irgendwann ein Gleichgewicht und die Schwingungs-Amplitude nimmt zumindest nicht weiter zu!

Die maximale Auslenkung x lässt sich nach folgender Formel berrechnen:

x = (f(t)- m*a – d*v)/c

Wobei v die Geschwindigkeit, a die Beschleunigung, m die Masse und d die Dämpfung des Bleches und f(t) eine sich periodisch ändernde Kraft (z.B. Sinusschwingung des Schalls, aus der sich ja bekanntlich Töne zusammensetzen) ist.

Diese Formel ließe sich nun noch weiter aufdröseln, was aber gar nicht nötig ist, da man schon hierraus das wichtigste ablesen lässt.

Wir wollen ja schließlich nur die Auslenkung des Bleches ja schließlich nur minimieren und nicht mathematisch exakt berechnen ;), und dafür haben wir wenn wir uns die Formeln anschauen genau vier Ansatzpunkte:

1.Die Feder härter machen (dadurch wird das c größer)
2.Die Masse m erhöhen (dies verringert den Zähler und senkt zusätzlich die Resonanzfrequenz des Bleches)
3.Die Dämpfung erhöhen (Größeres d => kleinerer Zähler)
4.Die auf das System wirkende Kraft verringern, sprich die Musik leiser drehen (aber wer will das schon ) oder irgendwie vom System „abschirmen“

Von diesen 4 Wegen wird eigentlich immer (hauptsächlich) der zweite Gewählt, da es der einfachste ist.

Hierbei senkt man die (Haupt-) Resonanzfrequenz der Tür meist soweit ab das sie unterhalb der unteren Grenzfrequenz der LS liegt und somit nicht mehr von den Lautsprechern angeregt wird.

Nur womit erreichen wir diese Veränderung der Eigenschaften?

Die Federsteife, die Masse oder Dämpfung des Türblechs oder der Türverkleidung selber können wir nicht direkt verändern, wir müssen also eine Zusätzliche Schicht auf die Tür aufbringen um die gewünschten Eigenschaften zu erreichen.

Nur welche Materialien eignen sich hierfür?!

Also erstes sollten die zu verwendenden Materialien nicht gesundheitsschädlich sein, zusätzlich nicht (dauerhaft) übel riechen, einen großen Temperaturbereich vertragen können (etwa -20 – 80°C) ohne seine Eigenschaften dauerhaft zu verändern, es sollte eine gewisse physikalische und chemische Beständigkeit mitbringen und, auch wichtig, es sollte schwer entflammbar sein.

Außerdem muss das Material die gewünschten Eigenschaften mitbringen, also z.B. elastisch, (Erhöhung der Dämpfung) oder Steif (Erhöhung der Federsteife) sein oder eine recht hohe Dichte mitbringen.

Zu guter Letzt muss man das Material auch irgendwie auf das zu behandelnde Teil aufbringen können.

Als recht tauglich haben sich folgende Materialien erwiesen:

Hauptsächlich Versteifend:
-GFK/CFK
-Holz
-Bleche, Metallfolien
-aushärtende, faserverstärkte Pasten
-aushärtende (geschlossenporige) Schäume (Bauschaum...)

Hauptsächlich Dämpfend:
-Bitumenmatten (eigentlich Schwerfolie, reines Bitumen wird eigentlich kaum verwendet)
-Elastische Pasten und Matten (Butyl, Unterbodenschutz...)

Hauptsächlich Dämmend:
-offene Schäume
-Schaumstoffe
-Fasermaterialien (Dämmwolle)

Welche Materialien ich aus eigener Erfahrung nicht empfehlen kann:
-Dachbitumenbahnen (Scheiße zu verarbeiten, nicht gesund)
-Silikon (Fördert Korrosion, löst selbst ausgehärtet noch Bitumen in der Nähe auf!!!)

Im Gegensatz zu den Pasten handelt es sich bei Bitumenmatten und Alubutyl um Verbungmaterialien, bestehend aus z.B. Kleber und Schwerfolie oder einer steifen Aluschicht und dämpfenden Butyl

Gerade Verbunde aus harten,versteifenden und elastischen, dämpfenden Materialien (z.B. eine Schicht GFK, darüber dann Dämmmatten oder auch Alubutyl) erzielen meist mit recht geringen Materialstärken und daraus resultierend wenig Gewicht sehr gute Ergebnisse!!!

Nachdem man sich nun für ein oder mehrere Dämmmaterialien entschieden hat muss dieses auf den Blechen aufgebracht werden.

Ich gehe jetzt nur auf Dämmmatten ein, da diese wohl das gebräuchlichste Dämmmaterial sind.

Am wichtigsten ist es das Blech gut vorzubereiten, alles was die Haftung der Matten verhindern könnte muss runter!!!

Also reinigt man das Türblech mit Silikonentferner und/oder Verdünner ordentlich, sehr dicke Wachsschichten kann man auch vorher mit einem Plastikspachtel abkratzen.

Von dem gelegentlich zu hörenden Tipp das Türblech leicht anzuschleifen rate ich ausdrücklich ab.
Die Türinnenseiten sind schon ab Werk ausreichend rauh um eine vernünftige haftung des Klebers zu gewährleisten, das die Korrosionsgefahr erheblich steigernde Anschleifen kann man sich also sparen!

Wenn das Türblech absolut sauber ist kann man mit dem Verkleben der Dämmmatten anfangen.

Dazu schneidet man die Matten in handliche Stücke, zieht die Schutzfolie vom Kleber, erwärmt die Klebeschicht mit einem Heißluftfön (Schutzhandschuhe nicht vergessen) und klebt die Matten nun von unten nach oben überlappend auf das Türblech und drückt diese gut an (Diese Verkleberichtung ist wichtig damit später von oben durch die Scheibendichtung kommendes Wasser abläuft und nicht zwischen Blech und Matte laufen kann!!!)

Wenn die Fläche fertig ist kann man die Matten erneut erwärmen und insbesondere an den Kanten noch einmal ordentlich andrücken.

Nachdem nun das Türaußenblech fertig ist kommt das Innenblech an die Reihe.

Hier kann man vorhandene kleinere Löcher mit den Dämmmatten verschließen um den LS ein möglichst abgeschlossenes Volumen zu bieten und so den akustischen Kurzschluss zu verhindern. Bei größeren Löchern sollte man diese vorher z.B. mit Lochblech überbrücken um den Matten einen guten Haftgrund zu bieten.

Ist nun das Blech fertig gedämmt braucht man nur noch die Türverkleidung behandeln und wieder verschrauben, evtl. vorher eine dünne Lage Schaumstoff dazwischenlegen um ein klappern der Verkleidung an der Tür zu verhindern.

So, das ist meine kleine Einführung in die KFZ-Dämmung, der Text wird wie gesagt noch weiter ergänzt und erweitert, wer mit aussagekräftigen Bildern oder ergänzenden Texten weiterhelfen möchte kann sich bei mir per PN melden!

Gruß Ansgar
IrrerDrongo
Inventar
#2 erstellt: 04. Dez 2006, 18:49
Also der erste Teil erinnert mich stark an die Physikpraktika meines Studiums. Wobei bei dir dann noch die Formeln für den Auslenkungswinkel und Ekin am max. fehlen...*g*
Aber die Physik die hinter den rappelnden Türen steckt, ist garnichtmal uninteressant, deshalb freu ich mich auf Fortsetzung.
bigjahcop
Stammgast
#3 erstellt: 05. Dez 2006, 17:47
sehr angenehm geschrieben
und vor allem sind ein paar nützliche Tipps drinne, die ich davor noch nicht gehört hatte, z.B. das mit dem von unten nach oben verkleben!
außerdem wird im praktischen Teil ja nicht wirklich Wissen vorausgesetzt und alles gründlich beschrieben. Top!
Danke
tom999
Inventar
#4 erstellt: 06. Dez 2006, 12:44

SchallundRauch schrieb:


„Was passiert überhaupt mit dem Blech, warum rappelt es?

Dies lässt sich im Grunde genommen leicht erklären,


Erstmal Respekt, dass du dir die Arbeit gemacht hast!

Aber imho hast genau dieses "leicht erklären lassen" nicht gemacht! So hatte zumindest ich spätestens nach der 2.ten Formel keine Lust mehr weiterzulesen!

War für mich als "Praktiker" viel zu kompliziert geschrieben...
SchallundRauch
Inventar
#5 erstellt: 06. Dez 2006, 17:37
Ganz unrecht hast du nicht, aber ich habe schon versucht alle weiterführenden Sachen wegzulassen und gerade einmal zwei Formeln angegeben, und gerade die sind wichtig wenn man auch die Physik dahinter ein wenig verstehen möchte.

Ich werde mich aber evtl. im laufe der nächsten Tage/Wochen noch mal ransetzen und evtl ein paar praktische Beispiele/Versuche ergänzen damit man sich das ganze etwas besser vorstellen kann.

Gruß Ansgar
B.Peakwutz
Inventar
#6 erstellt: 06. Dez 2006, 20:58
Hi, klasse, dass du dir die Arbeit machst!!!

Ich fionde, das sollte auf jeden fFall gepinnt werden!

Eventuell kannst du noch einfügen, dass die Dämpfungsmaterialien so wenig Schnittstellen wie möglich haben sollten/an Schnittstellen eng anliegen sollten.
Wenn man nämlich haufenweise Schnipsel mit Lücken aufklebt, hat das nicht annähernd den Effekt wie bei einer geschlossenen Schicht (aus eigener Erfahrung).
Deine "Handlichen Stücke" könnte man evtl. so verstehen.

Viele Grüße, Christian
SchallundRauch
Inventar
#7 erstellt: 06. Dez 2006, 21:27
Da habe ich andere Erfahrungen gemacht als du

Kleinere Stücke, überlappend verklebt haben m.E. eine wesentlich bessere Wirkung bei mir gebracht als drei große, durchgehende Matten.

Ob es an der recht großen Überdeckung (und somit durchschnittlich größeren Schichtstärke) lag oder daran das so unterschiedliche Flächen mit unterschiedlichen Eigenschaften entstehen welche "gegeneinander arbeiten" weiß ich nicht.

Das man nach Möglichkeit die gesammte Fläche bedecken sollte ist klar

Gruß Ansgar
B.Peakwutz
Inventar
#8 erstellt: 06. Dez 2006, 21:31
Ans Überlappen hab ich garnicht gedacht ; ).

Nur an Lücken von >1-2mm. Und das bringt fast garnix ; ).

Ich hab bei mir 2-3 Lagen Alubutyl drauf. Ist auch ganz geil . Aber übertrieben ; )

Vielw Grüße, Christian
tom999
Inventar
#9 erstellt: 06. Dez 2006, 22:23

SchallundRauch schrieb:
ein paar praktische Beispiele/Versuche ergänzen damit man sich das ganze etwas besser vorstellen kann.


Ja, ich glaub genau das fehlt mir...
Tsaphiel
Inventar
#10 erstellt: 16. Feb 2008, 18:47
erstmal: guter Artikel!

Was ich noch vermisse: In jeder Tür gibt es ja den Seitenaufprallschutz in Form von bspw. 2 Streben quer durch die Tür.

Wie geht man damit um?

In meinem Alten auto hab ich mir die Mühe gemacht und versucht die Matten zwischen Blech und Strebe zu fummeln. Das ging mehr oder weniger scheiße weil in unregelmäßigen Abständen so Gummi/Affebabb - mäßiges, mitlackiertes Zeug war, wohl um zu verhindern, dass das Außenblech an die Dinger schwingt, oder als Montagehilfe, oder was weiss ich.

Klebt ihr da einfach drüber, mit dem Risiko weniger Haftung zu haben (immerhin ist ja erhebliche mehr Luft dann hinter der Matte) Und man muss ja auch noch beachten, dass man nicht zu weit in die Tür rein kommt, weil dann ja das Fenster läuft...
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