Undiszipliniertes Konzertpublikum?

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martin
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 15. Dez 2003, 15:51
Hi,

mich würde einmal interessieren, welche Erfahrungen Ihr in 'Euren' Häusern mit Störgeräuschen seitens des Publikums macht. Hatte neulich eine Diskussion mit meiner besseren Hälfte darüber. Sie meinte, das wäre typ. Stuttgarter Provinzpublikum, in London hätte sie das nicht erlebt, dass z.B. lauthals gehustet wird, Hustenbonbons geräuschvoll ausgepackt werden oder in der Oper jemand dem Nachbarn die Handlung erzählt.
Offenbar ist es auch für viele nicht peinlich, nachdem der letzte Vorhang gefallen oder der letzte Ton verklungen ist, ohne Applaus schnell das Weite zu suchen, um ja der erste an der Garderobe zu sein oder schnellstmöglich aus dem Parkhaus zu kommen.

Ist das das Bildungsbürgertum, das der Jugend neuerdings wieder verschärft Benimmregeln eintrichtern will?

Würde mich interessieren, wo Ihr welche Erfahrungen gemacht habt, vielleicht sogar im Ausland.

Danke und Grüße
martin
Albus
Inventar
#2 erstellt: 15. Dez 2003, 16:30
Tag Martin,

das unausstehlichste Publikum ist aber doch das Hamburger Konzertpublikum, sagte einst Alfred Brendel, ich stimme ihm in dieser Verurteilung einfach zu. Hamburg ist Provinz, damit hat es zu tun, in Hamburg muss man Pfeffersack sein, dann gilt man etwas (was 'Wachsende Stadt' heißt, Polit-Parole, darf man sich denken als 'wachsender Hafenumschlag'). "Bravo!" ist Ver-Pflicht-ung der Zuhörer, unterscheidungslos, seit wann bloß? Da Lob ich mir die russischen Bräuche, geklatscht wird nicht (in Moskau normal). - Knappertsbusch, Hans, würdigte einst nach Husteleien und Knistereien während der Öffentlichen Generalprobe (Philharmonisches Staatsorchester), Lehrer und Studenten zahlreich im Publikum, man hat ein Sonntags-Abo oder steht an der Säule, den Sitzenden im Blick, das Orchester mit einer kurzen Verbeugung und ging langsam hinaus, ohne zum Publikum herüber zu sehen; das Publikum hatte nun sich und seinen Beifall.

MfG
Albus

Anekdote: Bruno Walter dirigiert in London, es hustet und hüstelt, Bruno Walter klopft mitten im Klavierkonzert ab, dreht sich zum Publikum: "Dies ist kein Konzert für Hüsteler und Huster, sondern für Klavier und Orchester. Wenn Sie sich bitte daran halten?!" Dreht sich um, läßt dann endlich weiter spielen (von Artur Schnabel erzählt).


[Beitrag von Albus am 15. Dez 2003, 16:31 bearbeitet]
Fiachna
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 15. Dez 2003, 16:31
Hi Martin,

hier in Hamburg hab ich leider ähnliche Erfahrungen machen müssen. War vor einiger Zeit mal wieder in einem Konzert, Sonntag Morgen, Musikhalle, Streifzug durch die klassische Musik. Viele kurze Werke von vielen Komponisten, und zwischendurch immer Applaus. Kaum ist der letzte Klatscher verhallt, hebt der Dirigent seinen Stab, und als ob es dem Publikum gilt, wird losgehustet, geflüstert und mit Bonschepapier geraschelt. Als ob es ein Muß ist, nochmal kurz (oder länger) rumzuhusten.
Ich werde nicht vergessen, wie einmal ein kleines Kind in einem Konzert anfing zu schreien, und die Mutter wollte es beruhigen und sagte immer: Schau mal die Frau mit der Geige, schau doch mal! Und das alles in einer Lautstärke...

Ich muß zugeben, daß mir solche Sachen immer mehr den Spaß an klassischen Konzerten verderben. Inzwischen investiere ich mein Geld lieber in Karten für Rockkonzerte, da kann jeder auch husten, soviel er/ sie will

lg Fiach


P.S.: da war Albus einen Tick schneller als ich - Recht hat er! Und HH ist genauso Provinz wie Stuttgart


[Beitrag von Fiachna am 15. Dez 2003, 16:33 bearbeitet]
Bass-Oldie
Inventar
#4 erstellt: 15. Dez 2003, 19:06
Hi All,

tja gegen das Husten ist man ja manchmal noch recht hilflos, immerhin könnte der/diejenige krank sein (warum dann allerdings in ein Konzert gehen ?).
Was mich völlig abturnt sind die lieben zu-spät-kommer, die es trotz monatelanger Vorausplanung schaffen, 15 Minutern zu spät einzulaufen.



...und dann möglichst noch in die Mitte der Sitzreihen schlurfen....

Gruß,
Axel
stadtbusjack
Inventar
#5 erstellt: 15. Dez 2003, 19:15
Moin,

mich nervt teilweise das "Mitklatschen" des Publikums (ok, wenn wir nen Marsch spielen, ists ja ok ). Aber wenn wir dann ein Swing-Stück spielen nervts schon. Vor allem, weil dann die Hälfte der Leute (i.A. die unter 60 ) wissen, wie Swing betont wird, und auf 2 und 4 klatschen und die Hälfte über 60 schön brav weiter auf 1 und 3 klatscht. Das gibt dann immer ein ziemlich furchtbares Durcheinander...

Ach ja, ich spiele in einem normalen Blasorchester.
martin
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 15. Dez 2003, 20:43
Hi,

sind ja nette Anekdoten

Also Hustenreiz hatte ich natürlich auch schon, etwas Körperbeherrschung kann man durchaus verlangen, oder? Offenbar nimmt die Konzertleitung das Gehuste aber hin. Im letzten Programmheft wurde lediglich darauf hingewiesen, dass ein vorgehaltenes Taschentuch die Lautstärke schon beträchtlich dämpft

Zum Applaus: Vielleicht habe ich eine naive Vorstellung, ich denke halt, die Künstler arbeiten jahrelang hart und diszipliniert im stillen Kämmerlein für die paar Stunden, die sie im Rampenlicht stehen. Applaus ist ja auch nicht unterschiedslos und sich selbst feiernd (wir reden ja nicht von den sonderbaren Claqueren in den einschl. Fernsehshows, die jeden per standing ovations feiern, der sich in der Nase bohren kann, ohne sich den Finger zu brechen). Die Bandbreite zw. Höflichkeitsapplaus und leidenschaftlicher Begeisterung lässt genügend Spielraum zur Abstufung und ist in meinen Augen ein ziemlich verlässlicher Indikator für die Qualität der Darbietung. Jedenfalls bin ich häufig damit einverstanden

Zum Zuspätkommen: Zum Glück lassen sie die Leute erst in einer Pause rein, nicht wie im Popkornkino, wo ein Kommen und Gehen herrscht.
Öhm..war davon schon mal selbst betroffen:L Da saßen wir dann vorm Lautsprecher und stierten in einen Monitor, sie sie uns reinließen
Bass-Oldie
Inventar
#7 erstellt: 16. Dez 2003, 00:40

Zum Zuspätkommen: Zum Glück lassen sie die Leute erst in einer Pause rein, nicht wie im Popkornkino, wo ein Kommen und Gehen herrscht.
Öhm..war davon schon mal selbst betroffen Da saßen wir dann vorm Lautsprecher und stierten in einen Monitor, bis sie uns reinließen


Naja, bei uns waren es die Japanischen Trommler, wo am Anfang halt noch relative Ruhe und Konzentration herrscht, bevor die Trommel losschlagen.
Trotzdem wurde die Leute weiterhin reingelassen (Alte Oper, Frankfurt).
War nicht so toll.

Aber OK, ich gehe nicht sooo häufig weg. Also hält sich die Problematik in Grenzen

Gruß,
Axel
tester
Schaut ab und zu mal vorbei
#8 erstellt: 16. Dez 2003, 02:02
Hallo zusammen,

euren Berichten muss ich leider zustimmen. Es mangelt vielen Konzertbesuchern einfach an Respekt den Musikern und anderen Zuhörern gegenüber. Besonders ärgert mich das Verhalten von denjenigen, die noch bevor die letzte Note verklungen ist, meinen den Saal fluchtartig mit viel Tamtam verlassen zu müssen.

Und falls es trotz dieser Aktionen doch noch zu einer Zugabe kommt (häufig das Sahnehäubchen des Konzertes), dann erdreisten sich diese Stümper auch noch im Gang oder in den Türen stehenzubleiben, was zu einer Atmosphäre wie auf einen Bahnsteig führt. Dass die Musiker dann keine weiteren Zugaben mehr geben, versteht sich von selbst.

PS:
Diese Konzertbesucher trifft man dann auch an der Gemüsetheke, wo sie erstmal alle Tomaten auf 2 Tonnen Druckwiderstand prüfen, sodass für alle anderen nur noch Ketchup übrig bleibt. Es reicht schon nur darüber zu schreiben und schon habe ich sooooooo einen Hals


cr
Inventar
#9 erstellt: 16. Dez 2003, 05:00
Was mich immer ärgert ist, dass nur gelauert wird, wanns zu Ende geht und bevor die letzte Note verklungen ist, geht das Geklatsche schon los.

Auch in Wien gehen viele Leute nur ins Konzert, um gesehen zu werden bzw. weil man halt geht bzw. um den "Pelzmantel äußerln (= Gassi gehen) zu führen".
Bass-Oldie
Inventar
#10 erstellt: 16. Dez 2003, 11:35
Kennt noch einer die "Peanuts"?
Wie war der Spruch von Linus?

"Ich liebe die Menschheit, nur die Leute kann ich nicht leiden", oder so?
Das wird auf die Dauer nicht besser, scheint's.

Gruß,
Axel
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