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Baß-Reflex-Boxen „unmusikalisch“ ?+A -A |
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Autor |
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karbes
Hat sich gelöscht |
#1 erstellt: 06. Nov 2003, 12:55 | |
Hallo, ich habe bisher immer Lautsprecher ohne Baß-Reflex-Prinzip verwendet, es hat sich so ergeben, und zufrieden war ich bisher auch. Kürzlich habe ich Baßreflex-Boxen geschenkt bekommen, und diese gleich mal ausprobiert. Beim anhören mir bekannter und oft gehörter Musik viel mir gleich auf, daß besonders der Baß (die Baß-Gitarre) für mich fremd klang, ja sie schien fast schon eine andere Melodie zu spielen. Der Baß wurde in einigen Bereichen verstärkt und in anderen geschwächt, ja fast unhörbar, aber auch die Klangfarben veränderten sich und sogar manche Töne klangen um eine Oktave höher, als ob sie durch einen Klangfilter oder „Hochpaß“ laufen (was natürlich dem Baßlauf eine andere musikalische „Dramaturgie“ verlieh). Nun habe ich das Baßreflex-Prinzip in seiner Theorie betrachtet. Wenn ich es richtig verstanden habe, sitzt der Baß-Lautsprecher am Ende eines Rohres (in der Box aus Platzgründen quasi in Falten bzw. um Ecken gelegt), das entsprechend seiner Dimension eine bestimmte Frequenz verstärkt. So wie das auch bei einer Orgelpfeife geschieht, wobei bei dieser ja gewollt ist, daß nur eine definierte Tonhöhe verstärkt wird. Dagegen soll aber ein Baß-Reflexsystem theoretisch nicht nur eine bestimmte Tonhöhe, sondern in einem möglichst breiten „Baß-Frequenzfenster“, tiefe Töne verstärken. Das kann es aber prinzipbedingt nicht, es verstärkt, eben wie bei der Orgelpfeife, abhängig davon, wie die „Resonanz-Röhre“ dimensioniert ist, nur einen schmalen Bereich. Die Hersteller versuchen zwar mit allerlei Finessen (Dämm-Material, zusätzliche Wände, Löcher, Labyrinthe..) das Frequenz-Fenster breiter zu machen, erreichen aber nur eine Aufteilung in mehrere Fenster, dabei kann aber von Linearität dennoch keine Rede sein. So entstehen zwangsläufig herstellerspezifische reine Klang-Design-Boxen, von der Industrie in die Welt gesetzt, um einem irgendwann entstandenen Verbraucherbedürfnis nach „Bum-Bum“ gerecht zu werden (vorzugsweise wird die Fuß-Bass-Trommel verstärkt) Linearität und damit Klang-Neutralität ist nicht gefragt, starke Bässe werden hier fälschlich mit Qualität (in technischer wie musikalischer Sicht) gleichgesetzt. Auch die diversen HiFi-Märkte werden diesem Trend gerecht, das Verkaufspersonal dreht die Verstärker der Vorführräume oder Autoradiowände bewußt mit voller Baß-Einstellung. Dieses Gebrumme und Gewumme durchdringt ganze Etagen, und veranlaßt manche Zeitgenossen zum „lauschen“ näher zu kommen, aber mich zumindest manchmal regelrecht zur Flucht (so kann man Kunden auch los werden). Da wundere ich mich manchmal doch sehr, wie in einer Zeit, in der die Wiedergabetechnik auf so hohem Niveau steht (stehen könnte), doch so viele Menschen solche grausam verfälschte und damit „unmusikalische“ Musik gutheißen. Geht es hier eigentlich um Musik, oder um Krach machen. Jedenfalls kann ich aus dieser für mich neuen (Hör-) Erfahrung für mich zumindest nur den Schluß ziehen, daß ich mich mit Baß-Reflex-Boxen nicht anfreunden werde. Sie verfälschen die Musik ungemein, sie läßt etwas weg und fügt etwas hinzu, das tun zwar alle Boxen mehr oder weniger, aber nicht so dramatisch wie die Baß-Reflex. Das Baßreflex-Prinzip ist im Grunde ein technisch-musikalisches Unding. Mein Urteil beruht natürlich nur auf Erfahrungen mit preiswerten Boxen, aber ich glaube generell haben Bassreflexboxen besagte prinzipielle Nachteile, unabhängig vom Preis. Falls es ein Pro- und ein Contra- Baß-Reflex- Lager geben sollte, stelle ich mich eindeutig auf die Contra-Seite und werde meine guten, über 20 Jahre alten kleinen Grundig-Regal-Boxen (ohne Reflex, versteht sich) weiter verwenden. Gruß, |
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wolfi
Inventar |
#2 erstellt: 06. Nov 2003, 13:47 | |
Das angesprochene Prinzip ist nicht das sogenannte Bassreflex- sondern das Transmissionlineprinzip.Was das ist und wie es funktioniert beschreiben die Fachleute durchaus unterschiedlich. Ob es sich um eine Orgelpfeife, eine offene Schallwand, eine riesige geschlossene, ein rear-loaded -horn, eine kleine Reflexbox mit sehr großem Resonanrohr etc. handelt, darüber lässt sich trefflich streiten. Heute am Markt eher selten anzutreffen, handelt se sich oft um gerade im Bass sehr präzise Produkte. Eigentliche Bassreflexboxen waren früher recht häufig, in den 60er bis 80 kamen dann Lautsprecher mit akustischer Aufhängung ( "geschlossene") in Mode und wurden seit den 90 er Jahren des vorigen Jahrhunderts wieder von den Reflexboxen verdrängt. Dabei wurden -der Kunde will es so - auch Boxen mit Loch versehen, deren Treiber sich eigentlich dafür nicht eignen. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile und wie beim Auto gibt es gute mit Heck- und schlechte mit Frontantrieb und umgekehrt. In der Praxis erweist sich das Reflexsystem oft als das bessere und man findet es deshalb auch bei extrem teuren und aufwendigen Konstruktionen. Die im Forum oft genannten Studiomonitore sind deshalb in der Regel Reflexboxen, z.B. von Genelec, Klein und Hummel etc. Bei der in Rede stehenden Box handelt es wohl schlicht und einfach um eine Fehlkonstruktion. |
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Werner_B.
Inventar |
#3 erstellt: 06. Nov 2003, 13:51 | |
Wolfi, nur eine kleine Präzisierung: Klein+Hummel baut auch geschlossene, z.B. die sehr interessante O300D, tatsächlich eine der ganz wenigen verbliebenen geschlossenen. Gruss, Werner B. |
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richi44
Hat sich gelöscht |
#4 erstellt: 06. Nov 2003, 17:07 | |
Du hast zum Teil recht. Das Bassreflexsystem ist eigentlich ein Unding, aber oft der einzig gangbare Weg. Es gab eine Schallplatet, die Telarc 1812 mit echten Kanonen (auch als CD). Mit einer geschlossenen Box platzt beinahe der Tieftöner, mit einer falsch abgestimmten Bassreflex platzt er sicher. Aber mit einer optimal gebauten Bassreflex hast Du Bässe, ohne dass sich der Tieftöner zerlegt. Es ist also möglich, Frequenzen zu übertragen, die bei einer anderen Konstruktion wesentlich höhere Membranauslenkungen und damit grösseren Klirr produzieren. Da müsste man (je nach Abstimmung) bei einer geschlossenen Box einen Tiftöner vom doppelten Durchmesser verwenden, was ein entsprechend grösseres Gehäuse bedeuten würde. Tatsache ist aber, dass eine geschlossene Box theoretisch auf einen Spannungssprung sauberer antwortet. Das Bassreflexsystem funktioniert nämlich als Schwingkreis, der mehr oder weniger bedämpft ist und der ein- und ausschwingt. Wenn Urknall oder Weltuntergang ein einmaliges Ereignis sind, wird das über Lautsprecher abgehört, sicher verfälscht. Aber da wir Musik anhören, in welcher Schwingungen dominieren und die erwähnten Ereignisse mit Sicherheit verpassen, ist das nicht sooo tragisch. |
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Möllie
Stammgast |
#5 erstellt: 06. Nov 2003, 17:25 | |
Hi Zusammen, Quadral wendet bei den größeren Exemplaren zusätzlich zum Bassreflex- das Druckkammerprinzip an! Hat da schon jemand Erfahrungen besonders was das Druckkammerprinzip angeht? Mölie |
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wolfi
Inventar |
#6 erstellt: 06. Nov 2003, 19:05 | |
Da gerade der Name quadral fiel: Eine der Köpfe dort, Berndt Stark, hat zusammen mit zahllosen anderen schon vor Jahrzehnten die Gegenüberstellung von geschlossen zu ventiliert vorgenommen. Theoretisch haben beide in verschiedenen Punkten Vorteile, in der Praxis überwogen indes die Vorteile der Reflexbox. Und auch die Hifi-Freunde sahen das so, deshalb haben sie nach zwei bis drei Jahrzehnten ihren überlegenen geschlossenen von Acron, Braun, Canton,Heco etc. Adieu gesagt und sind zu den schlechten Bassreflexboxen ,z.T. von den gleichen Herstellern, übergelaufen. So sind z.B. die theoretischen Vorteile der" saubereren" Impulswiedergabe bei bereits einem Meter Abstand weder mess- noch hörtechnisch zu belegen. Das hat der Vorredner schon schön dargelegt.Im Das Thema ist eigentlich seit ewigen Zeiten "abgefrühstückt". Allerdings setzt der Bau einer Reflexbox etwas mehr Sorgfalt und knowhow voraus. Eine geschlossene ist für Schlampigkeit weniger anfällig. Im Übrigen: Die in der Ausgangsfrage beschriebene " Reflexbox " ist nun mal keine. Die Telarc 1812 tut meiner Erfahrung nach weder als Schallplatte noch als CD irgendeiner Box etwas zu leide, solange man nicht zu laut hört. Problematisch bei der LP ist allerdings der abartige Schnitt, der mit bloßem Auge zu erkennen ist.Bei einer schlampigen Kombination von Tonarmmasse und Nadelnachgiebigkeit kommt es zu unnötigen subsonischen Störungen und bei offenen Boxen ohne Subsonic-filtereinsatz zur Überschreitung der maximal zulässigen Auslenkung der Chassis. |
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_axel_
Inventar |
#7 erstellt: 06. Nov 2003, 20:17 | |
Hallo Karbes, unabhängig davon, was Du meinst über ein bestimmtes Boxenprinzip herausgefunden zu haben (das mit den Faltungen klingt für mich auch nicht nach BR), ver- bzw. beurteile doch nicht nach Papierlage + eines(!) Dir zufällig bekannten Exemplars einer Gattung, ob diese Gundsätzlich und in alles Ausprägungen schrott ist. Höre Dir doch einfach mal ein paar andere Boxen an. Wenn Du nicht auf Massen-Sound (BumBum) stehst, dann natürlich keine im Blödiamarkt sondern audiophil ausgelete beim Fachhändler. Generell hoffe ich inständig, dass Du nicht in andern Lebensbereichen ebenso vorurteilsbehaftet in festen Schubladen denkst. Axel |
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wolfi
Inventar |
#8 erstellt: 11. Nov 2003, 11:16 | |
Hallo Möllie, nach Plach( JAES,Oktober 53) stellt das Volumen einer Druckkammer eine akustische Impedanz dar. Praktische Anwendung findet eine Druckkammer oft bei Hornlautsprechern.Nach Klipsch lassen sich die Eigenschaften einer Druckkammer durch folgende Gleichung darstellen: v= c x Ah geteilt durch 2 pi mal fn x 10. Sie dient demnach oft als eine Art mechanische Frequenzweiche; sie beschneidet den Frequenzgang ab der Frequenz fn nach oben. Schätzt man ( nach Foto !) das Volumen vor den Bässen einer Quadral Titan auf um die 7 Liter (?) und beachtet die Halsfläche, könnte eine " Trennfrequenz " näherungsweise bei 300Hz liegen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich Quadral einer anderen Eigenschaft des Druckkammerprinzipes bedienen will: Das begrenzte,"kleine "Volumen vor den Bässen bewirkt ein Erhöhung der Strahlungsimpedanz. Da das Medium Luft nicht nach den Seiten ausweichen kann, erreicht man eine bessere Ankopplung der Lautsprecher an die Luft und erhöht den "Wirkungsgrad". Das Ganze ähnelt der Erfahrung ,die jeder Hobbyfussballer schon gemacht hat: Kommt ein Ball auf einen zu und man trifft ihn voll ( hoher Strahlungswiderstand), bekommt der Schuss eine enorme Wucht ( Wirkungsgrad ). Tritt man stattdessen daneben (geringer Strahlungswiderstand ), erreicht man nichts ( kein Wirkungsgrad), obwohl man eine Kraft eingesetzt hat, die einem vermeintlich fast das Bein abreißt. Beim Lautsprecher bedeutet das, das man mit geringerer Membranauslenkung den gleichen Schalldruck erzeugen kann. Damit verringern sich Klirrfaktor und IM-Verzerrungen, der Bass kann lauter und souveräner spielen. Leider drückt die eingesperrte, widerspenstige Luft auf die Membran ( den Fuss ) zurück, sodass sich für dieses Verfahren eher stabile und steife Membranen eignen. Dies sollte bei den verwendeten Quadral-Modellen aber kein Problem sein. Wieviel das Ganze in der Praxis wirklich bringt, ließe sich am besten überprüfen, wenn man zwei ansonsten gleiche Boxen mal mit mal ohne Druckkammer ausprobierte. Lt. Prospekt will Quadral außerdem erreichen, dass die Situation der Chassis vor und hinter der Membran möglichst gleich ist. Vielleicht kann auch eine Nachfrage dort weiterhelfen. |
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Möllie
Stammgast |
#9 erstellt: 11. Nov 2003, 12:47 | |
Hi Wolfi, danke für die ausfühliche Erlärung! Gruß Möllie |
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