Waren die alten Aufnahmen (1960-1980) besser ?

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 23. Mai 2004, 14:31
Hallo Forianer,

Immer wieder erwische ich mich dabei, daß ich, vor die Wahl gestellt, eher eine Aufnahme der Analogära, als eine heutige nehme, selst, wenn die "alte" zum Vollpreis angeboten wird.
Dabei habe ich oft (subjektiv) das Gefühl, daß diese alten Aufnahmen durchhörbarer, räumlicher und irgendwie "musikalischer" sind als viele heutige.
Zudem spielen etliche Interpreten der Vergangenheit "beseelter" oder "eindrucksvoller", aber auch "individueller". Man konnte viele Interpreten schon nach kurzem hineinhören erkennen, etwas, das IMO heute fehlt.
Dabei waren die "alten" Interpreten oft alles andere als perfekt, aber sie hatten "Charisma", und hier meine ich jenes, welches allein durch die musikalische Wiedergabe, auch via Tonträger vermittelbar ist.......

Ich bin geneigt für dieses Verhalten meinerseits "nostalgische" Gefühle ins Treffen zu führen, aber eigenartigerweise, werden zumeist immer wieder die selben Aufnahmen gelobt, egal wo man sich befindet.
Wird aber eine Neuaufnahme von der heutigen Kritik hochgejubelt, dann findet sich diese Aufnahme 12 Monate später als Abverkaufsangebot auf einem Wühltisch....

Woran liegt das ?
Haben wir heutzutage "beliebigere" Künstler ?
Krankt es an der Aufnahmetechnik ?
Oder seht Ihr das vielleicht überhaupt ganz anders ?

Gruß
aus Wien
Alfred
Markus_Berzborn
Gesperrt
#2 erstellt: 24. Mai 2004, 09:55
Hallo Alfred,

Ich sehe das ähnlich wie Du, aber zu dem rein technischen Aspekt will ich mich lieber nicht äußern, sonst haben wir auch hier im Klassik-Forum sofort eine endlose Analog/Digital-, Röhren/Transistor- und Mikrofonierungsdiskussion.

Gruß,
Markus
walter_f.
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 24. Mai 2004, 12:38
Hallo Alfred,

ich bevorzuge eindeutig alte "Living Stereos" oder Mercurys - dann frühe Deccas (auch als CDs) - wobei einige Callas Aufnahmen aus den 50ern auch nicht zu verachten sind, die allerdings teilweise etwas verfärbt daherkommen.

Hier wird der Begriff "Klangkörper" für meine Begriffe am natürlichsten umgesetzt und ich empfinde das Zuhören niemals als anstrengend, da es keine "isolierten Instrumentengruppen" gibt. Ausserdem wurden die Klangfarben der Instrumente recht genau eingefangen (z.B. Starkers Bach Suiten). Meine "Lieblingszeit" ist 1955 - 1968.

Nehmen wir einfach mal an, ich bin damit gross geworden, habe mich daran gewöhnt und bin zu verknöchert, mich umzugewöhnen. Dieser Grund ist wohl unverfänglich genug :D.
Natürlich höre ich grösstenteils "moderne" Aufnahmen - und es heisst auch nicht, dass es heute nicht ab und zu ähnlich geartete Einspielungen gibt.

Grüsse
Walter
Antracis
Stammgast
#4 erstellt: 24. Mai 2004, 14:27
Ursprünglich wollte ich mich in diesem Thread nicht äußern, da ich eine sich eventuell daraus entwickelnde Diskussion als wenig hilfreich ansah. Nun will ich aber wenigstens ein meinungsmäßiges Statement abgeben, damit nicht irgendein Plattenkonzernboss, welcher zufällig in diesem Thread landet auf die Idee kommt, klassische Neuproduktionen gänzlich einzustellen :D.

Aus meiner Sicht stellt es sich so dar:

Ich sehe heute wie damals außergewöhnliche Künstler und deren konservierte Ergebnisse. Qualitativ oder aus rein subjektiver Sympathie sehe ich keinen Unterschied. Ich kaufe ebenso gerne einen Rachmaninov von Zimerman wie einen von Richter, ebenso gerne Mahlers Neunte von Abbado wie auch die von Klemperer. Die Masse der aktuellen Produktionen bringt es sicher mit sich, dass ein größerer Anteil von Einspielungen auf ziemlich niedrigerem Level existiert. Ebenso werden viele Künstler derartig gepusht, dass man erstmal abwarten muss, bevor man sich aus meiner Sicht eine qualitative Einordnung erlauben darf (bewerten wir Yundi Li nach seiner Entwicklung in den nächsten 10 Jahren!)

Aufnahmetechnisch bevorzuge ich ganz klar digitale Technik, führe aber ebenso wie Markus lieber erst gar keine Argumente dafür an. ( mein fehlendes Alter dürfte durchaus ein gewichtiger Grund dafür sein )
Das ich analoge Technik trotzdem schätze sieht man daran, dass ich auch viele solche Aufnahmen kaufe. Dabei ist natürlich der Preis ein Argument, in erster Linie aber der Künstler. Und ich tät gerne 10€ mehr zahlen, wenn die technische Seite mich nicht zufrieden stellen würde.
Allerdings würde ich es begrüßen, wenn Klemperer per Zeitsprung seine Aufnahmen in DDD hätte machen können. Aber so ist das Leben halt.


Ich schaue nur aus einem Grund wehmütig auf die "alte" Zeit: Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob es einem Produzenten heute gelingen könnte, derartig hochklassige Besetzungen für z.B. eine Oper zusammenzubringen, wie Sie teilweise in den "Gesamtersteinspielungen" der von Alfred genannten Zeit realisiert wurden. Dafür sind die "Stars" wohl aktuell viel zu teuer und durch Exklusivverträge an verschiedene Labels gebunden. So wird dann oft eine Bartoli oder ein Terfel mit eher mittelklassigen Interpreten in einen Operntopf geworfen, das Ergebnis ist entsprechend. Diesen Umstand sehe ich als Nachteil unserer Zeit.

Das aber auch heutzutage Aufnahmeprojekte mit großem Aufwand und liebevoller Detailarbeit umgesetzt werden, bezeugen viele Beispiele. Mit fielen spontan z.B. die Chopinklavierkonzerte mit Zimerman ein.

Gruß
Anti


[Beitrag von Antracis am 24. Mai 2004, 14:31 bearbeitet]
walter_f.
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 24. Mai 2004, 15:06

Mit fielen spontan z.B. die Chopinklavierkonzerte mit Zimerman ein.


Hallo Anti,
die würden mir auch spontan einfallen. Ich kann mich noch an meine Überraschung erinnern, als ich die erstmals hörte. Das fällt wirklich aus dem Rahmen.

Grüsse
Walter
cr
Inventar
#6 erstellt: 24. Mai 2004, 15:17
Die volle klangliche Reife haben Analogaufnahmen erst Mitte der 70er erreicht. Aufnahmen vor 1970 meide ich, es sei denn ich will den Künstler unbedingt haben.
Frühe Digitalaufnahmen (Ende 70er/Anfang 80er) sind fallweise verpatzt/schlecht (hängt auch vom Label ab; DG meist ok (manchmal übersteuert, was stört), EMI oft verpatzt).
Markus_Berzborn
Gesperrt
#7 erstellt: 24. Mai 2004, 15:30

Die volle klangliche Reife haben Analogaufnahmen erst Mitte der 70er erreicht.


Das kann ich leider nicht als persönliche Meinung gelten lassen, weil es einfach nachweisbar nicht stimmt.

Gruß,
Markus
cr
Inventar
#8 erstellt: 24. Mai 2004, 15:41
Ausnahmen gibts immer.
Tatsache ist, dass die Bänder besser wurden (feinere Beschichtung) und daher Aufnahmen der Mittsiebziger meist weit weniger rauschen als aus den 60ern (Bsp: Sibelius-Symphonien (konkret 5.+7.)/Karajan/DG rauschen stark und sind nicht frequenzlinear. Diverse Bachaufnahmen von Karl Richter aus den 60ern rauschen deutlich, Bruckner9/Jochum/DG rauscht deutlich und klingt dünn (schellackig, um es übertrieben zu formulieren), ditto die Bruckner-Messen/TeDeum/Jochum/DG usw usw usf.
Markus_Berzborn
Gesperrt
#9 erstellt: 24. Mai 2004, 15:59

Tatsache ist, dass die Bänder besser wurden (feinere Beschichtung) und daher Aufnahmen der Mittsiebziger meist weit weniger rauschen als aus den 60ern


Na gut, wenn Du auf dem oberflächlichen Level diskutieren willst. Ich dachte, wir reden hier über Klang und nicht über Rauschen, das übrigens in erster Linie wegen des Einsatzes von Kompandern zurückging (die ihrerseits ihre klanglichen Probleme haben).
Wenn Du z.B. RCA nimmst, die von Anfang der Stereoaufzeichnung an ein durchgängig sehr hohes Niveau hatten (was man von DG leider nur begrenzt sagen kann), wirst Du von den ersten Aufnahmen Mitte der 50er bis zu denen der 70er keinerlei Verbesserung feststellen - eher leider ab Mitte der 60er eine VERSCHLECHTERUNG in allen klangentscheidenden Kriterien wie Klangfarbentreue, Dynamik, Durchhörbarkeit, Räumlichkeit, Präzision.
Decca und EMI konnten dagegen bis in die 70er Jahre hinein ein sehr hohes Niveau halten.
Bei DG kann ich ebenfalls ab Anfang der 70er Jahre mit wenigen Ausnahmen eine durchgehende Verschlechterung der Klangqualität konstatieren.

Gruß,
Markus
cr
Inventar
#10 erstellt: 24. Mai 2004, 16:15
Noch schlimmer als Rauschen ist der unausgewogene Frequenzgang, der vor allem bei den Streichern stört (Schellackklang oder Klang billiger Walkmen-KH)
Markus_Berzborn
Gesperrt
#11 erstellt: 24. Mai 2004, 16:25

Noch schlimmer als Rauschen ist der unausgewogene Frequenzgang, der vor allem bei den Streichern stört (Schellackklang oder Klang billiger Walkmen-KH)


Ich sag's nochmal: Ist ja auch Deutsche Grammophon.

Nenn mir mal eine RCA, Decca oder Mercury aus der Zeit 1954-1964, die nach Schellack oder Walkman klingt.

Gruß,
Markus


[Beitrag von Markus_Berzborn am 24. Mai 2004, 16:25 bearbeitet]
cr
Inventar
#12 erstellt: 24. Mai 2004, 16:46
Ich habe nicht viele Deccas aus der Zeit vor 1975, und somit ist auch keine schlechte dabei.
RCA habe ich so gut wie keine CD.
Markus_Berzborn
Gesperrt
#13 erstellt: 24. Mai 2004, 16:56

Ich habe nicht viele Deccas aus der Zeit vor 1975, und somit ist auch keine schlechte dabei.
RCA habe ich so gut wie keine CD.


Schwerer Fehler! Hol das mal schnell nach!

Nee, aber im Ernst: Leider sind einige der RCA- und Decca-CDs offenbar ziemlich lieblos überspielt worden und erreichen daher nicht annähernd die Qualität der Original-LPs. Andere CDs sind dafür aber wieder sehr gut.

Gruß,
Markus
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 24. Mai 2004, 18:03
Hallo,
Auch ich gehöre jener Fraktion an, die der Meinung ist, in den siebzigern wäre der Klang schlechter geworden, sieht man mal von Rauschen als alleinigem Kriterium ab.

Gute Aufnahmen der 60iger (und es waren beileibe nicht alle gut) waren nicht so ein "Klangbrei" wie vieles aus den 70er, die Klangkörper waren besser konturiert, Instrumente waren besser ortbar, Stimmen hoben sich besser ab, die Räumlichkeit war besser.

Ich führe dioes in erster Linie nicht auf das Equipment, sondern auf eine neue Generation von Tonmeistern zurück, die vielleicht andere ästhetische Schwerpunkte setzten....

Aber bevor ich diesen Beitrag schließe, erinnere ich gerne daran, daß auch die Künstlerischen Aspekte gefragt waren?
Wer kann es heutzutage mit einem Fritz Wunderlich aufnehmen ? Wo ist ein einspruchslos anerkannter Mozart-Dirigent, wie Böhm es zu Lebzeiten war ? Wessen Beethoven-Sinfonien Zyklus steht so konkurrenzlos das wie in den 60iger Jahren jener von Karajan?
In manchen Bereichen ist durchaus vergleichbares da:
Brendel in Sachen Wiener-Klassik, Goerne ein hervorragender Schubert-Sänger. Aber in Sachen Oper: Callas ist unerreicht,ebenso Tebaldi,Sutherland,Freni und Caballé.
Wir haben interessante Orchester für "Alte Musik", mehr als je zuvor, aber "normales" Repertoire wird oft mit "Provinzorchestern" aufgenommen, weil die billiger sind als die Weltspitzenklasse......

Gruß aus Wien

Alfred
Markus_Berzborn
Gesperrt
#15 erstellt: 24. Mai 2004, 18:24

weil die billiger sind als die Weltspitzenklasse......


Mit Deinem letzten Absatz hast Du natürlich einige wichtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte angesprochen. Der Markt für klassische Musik ist offenbar zurückgegangen und "rechnet" sich ohnehin nicht.
Andererseits: Muss es denn wirklich einen "neuen Fritz Wunderlich" geben? Einer reicht doch. Eine neue Generation muss halt auch irgendwie versuchen, neue Akzente zu setzen, und es ist ja auch schwer zu vermitteln, warum man sich jetzt unbedingt NOCH eine neue Beethoven- oder Schubert-Aufnahme zulegen soll.
Und ist nicht auch vieles Verklärung? War Karajans Beethoven-Zyklus wirklich so konkurrenzlos? Ich persönlich würde z.B. den etwa zur gleichen Zeit entstandenen Leibowitz-Zyklus höher bewerten.
Sängerinnen sind auch ein schwieriges Thema. Callas, Tebaldi - OK, keine Diskussion. Aber bei Montserrat Caballé habe ich schon Zweifel, ob abgesehen von den wirklich hervorragenden frühen Aufnahmen alles so fantastisch war. Und ich muss auch, trotz des ganzen Hypes, der in den letzten Monaten um sie veranstaltet wird, konstatieren, dass Anna Netrebko eine fantastische Sängerin ist.
Alles in allem ein schwieriges Thema, bei dem allgemeingültige Rückschlüsse schwer zu ziehen sind. Vielleicht gilt ja auch für die Klassik in einem gewissen Maße eine Aussage, die ich vor kurzem von einem Pastor gehört habe: "Das Problem ist nicht der Priestermangel, sondern der Mangel an Gläubigen."

Gruß,
Markus
walter_f.
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 24. Mai 2004, 18:35

Nenn mir mal eine RCA, Decca oder Mercury aus der Zeit 1954-1964, die nach Schellack oder Walkman klingt


Hallo Markus,

ich habe noch ein Label mit Mercury-Qualitäten vergessen. Als ich damals merkte, was auf mich zukam, und ich ohnehin starkes Interesse an englischer Musik hatte, ging ich zu Saturn ans "Lyrita" Regal und hab einfach alles gekauft, was ich noch nicht hatte. Es kostete mich fast 1500,- Mark - die ich aber nie bereut habe. Ich weiss allerdings ohne Nachzusehen nicht, wann die Lyritas 'gemacht' wurden.

Grüsse
Walter
Markus_Berzborn
Gesperrt
#17 erstellt: 24. Mai 2004, 18:46

Ich weiss allerdings ohne Nachzusehen nicht, wann die Lyritas 'gemacht' wurden.


Hallo Walter,

Klar kenne ich Lyrita. Soviel ich weiß, waren da auch Decca-Techniker involviert, und Platten, auf denen zwischen 1958 und Ende der 70er "Decca" und "Made in England" draufsteht, kann man ohnehin nahezu blind kaufen.
Dass Lyrita nach wie vor eine Art Geheimtip ist, dürfte an dem rein englischen Repertoire liegen. Alles davon finde ich sicher auch nicht interessant, aber einiges sollte doch auch auf dem "Festland" mehr Beachtung finden.

Gruß,
Markus


[Beitrag von Markus_Berzborn am 24. Mai 2004, 18:53 bearbeitet]
Antracis
Stammgast
#18 erstellt: 24. Mai 2004, 19:14
@Alfred:

Deine sehr negative Ansicht über das aktuelle vorhandene künstlerische Potential kann ich so nicht vollkommen teilen.


Wer kann es heutzutage mit einem Fritz Wunderlich aufnehmen


Wer konnte es zu Wunderlichs Zeiten? Meiner Ansicht nach niemand, und auch in den Jahren davor dürfte man lange suchen. Er ist schlicht einer der herausragenden Sänger des letzten Jahrhunderts. Ebenso wie bei der Callas handelt es sich um Ausnahmeerscheinungen. Den (jungen) Pavarotti dürfte man von seiner Stimm-Färbung und Kraft ebenfalls vergeblich suchen. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass auch heutzutage in der Opernwelt viele Stimmlagen und Rollen hervorragend besetzt sind. Vielleicht ist nur nicht mehr soviel "Weihrauch" im Spiel wie zu Zeiten, als sich die gesamte sog. feine Gesellschaft in die Streitigkeiten zwischen verschiedenen Primadonnen einschaltete und es zum Tagesklatsch gehörte, wer welches hohe C nicht mehr traf.

Trotzdem, ein Bryn Terfel kann meiner Ansicht nach als Falstaff locker mit allen bisherigen "Großen" mithalten. Ebenso z.B. ein James Morris als Wotan, ein Matti Salminen als Hagen u.s.w.


Wessen Beethoven-Sinfonien Zyklus steht so konkurrenzlos das wie in den 60iger Jahren jener von Karajan?


Wieviel Konkurrenz hatte er denn ? Also ich meine, wie viel Gesamtzyklen existierten denn damals, abgesehen von der qualitativen Seite? Heutzutage gibt es meiner Ansicht nach jedenfalls viel mehr konkurrenzfähige Aufnahmen. Mir fallen spontan mit John Elliot Gardiner und Günter Wand zwei Zyklen der "Digital-Ära" ein, die sicher mit allen bisher aufgenommenen Beethovenzyklen mithalten konnten. Und sicher könnten weitere genannt werden und müssen. Rattle überzeugt mich zwar nicht gänzlich, aber man sollte ihm wie Karajan auch drei Versuche zu gestehen. Es muss ja nicht immer schlechter werden.




Wo ist ein einspruchslos anerkannter Mozart-Dirigent, wie Böhm es zu Lebzeiten war ?


Den kann ich tatsächlich nicht nennen. Allerdings muss man eingestehen, dass Mozarts Sinfonien tatsächlich nicht gerade zum Repertoireschwerpunkt der letzten 20 Jahre gehörten, obgleich meiner Ansicht sicher einige gute Mozart-Aufnahmen entstanden.
Man muss auch bedenken, dass durchaus andere Komponisten Ihre Sachverwalter haben und weiterhin vielleicht konstatieren, dass man die Weisheit nicht mehr einem einzigen Künstler ins Buch schreiben möchte - eine durchaus positive Entwicklung, wie ich finde.

Jedenfalls: Pierre Boulez ist sicher zu nennen als einer der ganz großen Interpreten in Bereichen wie Webern, Strawinsky und der übrigen klassischen moderne. Mit Günter Wand starb einer der ganz großen Vertreter der Klassik, sicher fast eine Generation mit Böhm, trotzdem liegen epochale Leistungen (Schubert, Brahms, Beethoven und Bruckner) in dem besagten aktuellen Aufnahmezeitraum von 1980-2000. Es ist da im Moment sicher einiges im Wandel, vor allem das Repertoire betreffend. Als hier in Berlin Rattle antrat, setzte er Mahlers 5. Sinfonie aufs Programm und es wurde oft gefragt, ob er denn Mahler kann. Nichtsdesto trotz gibt es im nächsten Jahr ein Programm nur mit Mozart- und Haydn-Sinfonien.

Jedenfalls sehe ich viele herausragende Interpreten in unserer Zeit. Krystian Zimerman wäre zu nennen, Gidon Kremer (wenn auch sicher am Ende seiner Karriere), Pierre Boulez, Gardiner, Harnoncourt, Abbado. Am Horizont stehen Leute wie Salonen, Rattle, Hillary Hahn, Yundi Li und viele andere, die man erst in vielen Jahren vollends zu beurteilen vermag. Nicht alles war zu allen Zeiten gleich im Fokus und auch nicht gleichmäßig qualitativ besetzt - das dürfte sich gegenseitig bedingen.

Weltuntergangsstimmung sehe ich aber folglich wirklich nicht.
Vielleicht ist es aber tatsächlich so, dass von vielen junge Künstlern zwar die von Dir so geliebte Wiener Klassik geschätzt und auch aufgeführt wird, dass aber weniger junge Künstler ihren Focus auf diesen Bereich legen. Das ist aber meiner Ansicht nach eine normale Entwicklung, die sich auch wieder schnell ändern kann und wird.

Gruß
Anti


[Beitrag von Antracis am 24. Mai 2004, 19:20 bearbeitet]
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