Wie seid ihr zur klassischen Musik gekommen ?

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arnaoutchot
Moderator
#1 erstellt: 23. Sep 2010, 12:18
Ich denke aktuell sehr oft an die Zeit, in der die Beschäftigung mit der klassischen Musik bei mir losging, auch angeregt durch Threads wie von Hüb' (Was hört ihr wenn ihr keine Klassik hört?). Wie war das bei Euch ? Habt ihr schon von früher Jugend und Anfang an Klassik gehört, eventuell durch das Elternhaus geprägt ? Oder hat sich das bei Euch auch erst langsam über Pop- und Rockmusik entwickelt ?

Also bei mir ging es den vermutlich "klassischen" Weg. Mitte der Siebziger als Teenie habe ich die ersten Pop-Platten gekauft. Es waren immer LPs, mit Singles konnte ich nie etwas anfangen. Ich stand auf die Beatles (tu ich immer noch ), ein Freund von mir auf Deep Purple. In deren Musik waren ja schon etliche Anklänge an die klassische Musik. Gleichzeitig hörte mein Vater ziemlich laut und viel Klassik, und ich lernte (oberflächlich) die ersten Beethoven-Symphonien kennen. Ende der 70er kamen dann viele Prog-Platten (Genesis, Yes, Pink Floyd, ELP), die alle stark von der klassischen Musik beeinflusst waren. Daneben wurde ich auch beinharter Zappa-Fan, der mir in seiner Musik nahebrachte, dass es so was wie Jazz gab. Mit Zappas Varèse-Einflüssen konnte ich als 16jähriger eher weniger anfangen. Bis in die frühen 80er hatte ich aber weder richtigen Jazz noch Klassik auf LP gekauft.

Mit der Ankunft der CD um 1983/84 gab es dann einige Änderungen: Ich fing an, mich für Klassik auf CD zu interessieren. Klar, naheliegend erst mal den Karajan-Beethoven und Mozart-Konzerte, aber auch Gilels-Beethoven-Sonaten. Gilels Digitalaufnahme der "Mondscheinsonate" war in der Tat sogar meine erste Klassik-CD. Man sass und staunte ob der knister- und rauschfeien Wiedergabe ! Dann ging es eigentlich sehr schnell, ich baute mir in den folgenden Jahren eine für damalige Verhältnisse ganz beachtliche CD-Sammlung auf. Ich war in den 80ern Student und die CDs waren noch ganz schön teuer. Ich baute meine Sammlung strikt horizontal auf, keine Doubletten. Wenn ich eine Aufnahme hatte, die mir einigermassen zusagte, war das Thema erledigt. Erst in den letzten Jahren habe ich begonnen, Interpretationen vertikal zu sammeln. Dieses Forum hier hat an diesem Verhängnis sicherlich auch seine Schuld. Um 2002 herum wurde ich mit dem Mehrkanal-Virus angesteckt, und häufte nebenher bis dato rd. 750 SACDs an. Mit den SACDs und einer kontinuierlich immer besseren Anlage kam dann auch die Auseinandersetzung mit audiophilem Material. Bin gespannt, wo die Reise in den nächsten Jahren hingeht ...
op111
Moderator
#2 erstellt: 23. Sep 2010, 13:08
Ein schönes Thema, Michael!

Mit ein paar kleinen Ersetzungen hätte ich die gleiche Geschichte erzählen können.

Gegen die schwarzen Knister-Tonträger hatte ich prinzipielle technische Einwände - ich hatte statt desssen einige wenige Tonbänder.
Es spielte sich alles ein wenig früher ab und die Quadrophase ersetzte die SACD-Phase.

Es gibt allerdings einen gravierenden trennenden Punkt:
Stones statt Beatles - die Liverpoodlians spielten in der no go area!


[Beitrag von op111 am 23. Sep 2010, 13:14 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#3 erstellt: 23. Sep 2010, 13:15
Hallo Michael,

bei mir war es so gegen Anfang der 90er, als ich über die Hifi-Schiene die üblichen Testscheiben durchnudelte (Zarathustra, Saint-Saens Nr. 3, etc.), die dann zu einem Einstieg geführt und mit der Zeit meinen Fokus immer mehr auf diese Musik gelenkt haben.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 23. Sep 2010, 13:16 bearbeitet]
op111
Moderator
#4 erstellt: 23. Sep 2010, 13:23

Hüb' schrieb:
als ich über die Hifi-Schiene die üblichen Testscheiben durchnudelte (Zarathustra, Saint-Saens Nr. 3, etc.),

ich bin mir ziemlich sicher, daß Stockhausens Mantra, Boulez' CBS-Sacre, Bachs Brandenburger einmal mit Walter Carlos und einmal mit einem Kammerorchester zu den ersten Scheiben gehören, die ich dann auch rein materiell verschlissen habe.


[Beitrag von op111 am 23. Sep 2010, 13:27 bearbeitet]
Pilotcutter
Administrator
#5 erstellt: 23. Sep 2010, 14:10
Ich bin auf alle Fälle über die nicht-technische Schiene zur klassischen Musik gelangt.

Gesang, Noten und Instrumente waren im Elternhaus nicht fremd.
Daher als Kind: Musikfrüherziehung und Flötenuntericht
Dann als früher Jugendlicher einige Jahre: Orgelunterricht mit ersten Kontakten zur klassischen Musik.
Dann war lange Ruhe aufgrund erfolgreichen jugendlichen Protests.
Zuhause durch den großen Bruder schon Kontakt zur Schallplatte und Klassik bekommen.
Dann langsam über klavierspielende Freunde zum freiwilligen Klavierunterricht und beständigem Hören der Klassik gelangt.

Das Thema HiFi und Klassik begann dann über Bruder's ausrangierte Universum Anlage. Diese Komplett-Anlagen mit festem Plattenspieler in den tollen Holzdekor-Racks mit Rauchglastür

Ein Schlüsselerlebnis bezgl. CDs hatte ich in der Zeit (Anfang der 90er) als ein Bertelsmann Shop in unserer Stadt geschlossen wurde und JEDE CD für 3,- DM verkauft wurde.
Ich war mit einem Freund eher zufällig da und wir sahen das. Ich weiß, dass ich zwischendurch noch zur Bank geflitzt bin um Geldnachschub zu holen. Plastiktütenweise haben wir gekauft.

Bertelsmann hatte immer tolle Klassik CDs und oft Club-Editionen, aber immer Einspielungen der 3 großen Label.

Ab da war ich dann endgültig drin.

Gruß. Olaf
Magic85
Inventar
#6 erstellt: 23. Sep 2010, 14:22
Hallo,

dann erzähl ich auch mal meine Geschichte.
Ich hatte bis zu meinem 18. Lebensjahr überhaupt kein Interesse an klassischer Musik.
Dann kam unsere große Abi-Abschlussfahrt nach Prag. Und was muss man dort natürlich machen? In ein Klassik-Konzert gehen.
Gezwungenermaßen musste ich mir dort Bedřich Smetana´s Werk "Vltava" (Die Moldau) und Antonín Dvořák´s "Z Nového světa" (Aus der neuen Welt) anhören.
Dies fand ich aber so überwältigend es live zu hören, dass ich mich doch jetzt teilweise der klassischen Musik widme.
arnaoutchot
Moderator
#7 erstellt: 23. Sep 2010, 15:05

op111 schrieb:
Es spielte sich alles ein wenig früher ab und die Quadrophase ersetzte die SACD-Phase.

Es gibt allerdings einen gravierenden trennenden Punkt:
Stones statt Beatles - die Liverpoodlians spielten in der no go area!
:prost


Waren das dann Quadro-Bänder ? - Die Stones haben mich komischerweise nie gereizt. Neulich hab ich das neue Remastering der "Exile" gehört, klingt abscheulich, aber ich mochte auch die Platte nie. Nur "Beggar's Banquet", "Let it Bleed" und (vor allem) "Sticky Fingers" fanden Gnade.



Hüb' schrieb:
Bei mir war es so gegen Anfang der 90er, als ich über die Hifi-Schiene die üblichen Testscheiben durchnudelte (Zarathustra, Saint-Saens Nr. 3, etc.), die dann zu einem Einstieg geführt und mit der Zeit meinen Fokus immer mehr auf diese Musik gelenkt haben.


Du hast also dann erst nach 1990 den großen Berg an Vinyl und Dein Wissen darüber aufgebaut ? Alle Achtung . Das war doch eher untypisch, oder ?



Pilotcutter schrieb:
Bertelsmann hatte immer tolle Klassik CDs und oft Club-Editionen, aber immer Einspielungen der 3 großen Label.


Hatte, die Betonung liegt auf "hatte". Bin dort auch immer noch Mitglied und es wird immer schwerer, etwas einigermassen Brauchbares zu finden.


@ Magic85: Ich nehme an, das war noch nicht vor allzu langer Zeit ? Willkommen im Reich der Klassik ...

Grüße Michael
Magic85
Inventar
#8 erstellt: 23. Sep 2010, 15:09

arnaoutchot schrieb:
Ich nehme an, das war noch nicht vor allzu langer Zeit ? Willkommen im Reich der Klassik ...


Dankeschön! Das war genau vor 6 1/2 Jahren.
Hüb'
Moderator
#9 erstellt: 23. Sep 2010, 15:16

arnaoutchot schrieb:
Du hast also dann erst nach 1990 den großen Berg an Vinyl und Dein Wissen darüber aufgebaut ? Alle Achtung . Das war doch eher untypisch, oder ?

Ich weiß ja nix, außer dem auswendigen Herleiern von Labelkatalogen...
Als Baujahr Mitte der 70er ist das denn auch wiederum nicht sooo verwunderlich.

Untypisch insofern, als das meine Eltern mit musischen Dingen nicht viel am Hut haben, was ich aber nicht als schlimm, sondern eher als schade (für sie) empfinden. Auch bedauere ich bis heute, kein Instument spielen zu können.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 23. Sep 2010, 15:16 bearbeitet]
KUrPGunman
Stammgast
#10 erstellt: 23. Sep 2010, 15:19
Hi,

also ich bin über Filmmusik zur klassischen Musik gekommen, ich höre immer noch wahnsinnig gerne Soundtracks, also eigentlich Scores.

Gruß Gunm@n


[Beitrag von KUrPGunman am 24. Sep 2010, 10:51 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#11 erstellt: 23. Sep 2010, 15:21

Hüb' schrieb:
Auch bedauere ich bis heute, kein Instument spielen zu können. :(


Kannst doch Plattenspieler spielen, das reicht doch
Pilotcutter
Administrator
#12 erstellt: 23. Sep 2010, 15:44

Magic85 schrieb:
Bedřich Smetana´s Werk "Vltava" (Die Moldau) und Antonín Dvořák´s "Z Nového světa" (Aus der neuen Welt)


Ich glaube wenn diese beiden Werke nicht wären, gäbe es nur halb soviel Klassikhörer. Diese beiden Werke waren unzähligen Klassikliebhabern das Tor zur Klassik.

Ich hatte sie sehr früh im Bestand, aber nicht als Eröffnung und ich hatte die Moldau auch nicht in der Schule

Mein erstes live Konzert war in unserer kleinen Stadt, das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Jörg Faerber(!) mit u.a. Beethoven's 1. KV.

Die 5 Beethoven Klavierkonzerte und das KV von Schumann waren mein Einstieg. Dazu die Beethoven Sonaten, zu denen ich noch (aus einer Bilbliotheksauflösung) die kompletten Henle Bücher habe und zur Übung immer die Partitur mitgelesen habe.
op111
Moderator
#13 erstellt: 23. Sep 2010, 17:55

arnaoutchot schrieb:
Waren das dann Quadro-Bänder ?

Wenige. Ich hatte eine geliehene Quadromaschine und gute Bekannte mit Bändern. Leider ist 9,5cm/s Vierspur ohne Dolby eine ziemliche Zumutung für Klassik.
Dafür rumpelten die SQ-Platten ordentlich und die CD4 glänzten durch Verschleiß und Dropouts (FM-Modulation).
Michael_aus_LH
Stammgast
#14 erstellt: 23. Sep 2010, 18:28
Hallo,

ich hab mit ca. 13 mal mit einem Freund die Plattensammlung seiner Eltern durchforstet. Neben allerhand volkstümelnder Musik waren da auch Beethoven-Sinfonien dabei. Keine Ahnung wer spielte und dirigierte.
Fand ich aber soweit interessant dass ich schon nach kurzer Zeit auch selber vom Taschengeld eigene CDs gekauft habe. Hatte dann zum Ende der Schulzeit schon eine nette kleine Sammlung, natürlich kein Vergleich zu heute aber denoch sehr schön.

Beethoven kann ich mittlerweile immer noch sehr gut und gerne hören, sowohl von CD als auch von LP.

Ich spiele leider auch kein Instrument.

Gruß Michael
op111
Moderator
#15 erstellt: 23. Sep 2010, 19:46

Pilotcutter schrieb:
Mein erstes live Konzert war in unserer kleinen Stadt, das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Jörg Faerber(!)

Erleuchtung! Danke.
Die Tageszeitungen verkauften in den 1970ern sehr preiswerte LP-Kassetten, z.B. Bachs Brandenburgische u.a. mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter Jörg Faerber und alle 9 Beethoven-Sinfonien unter einem anderen Dirigenten, ... kurz gegoogelt wahrscheinlich Räto Tschupp.
Die konnte man sich als Schüler gerade noch leisten - Preis ca. 10-15 DM.
op111
Moderator
#16 erstellt: 23. Sep 2010, 20:57

arnaoutchot schrieb:
Die Stones haben mich komischerweise nie gereizt. Neulich hab ich das neue Remastering der "Exile" gehört, klingt abscheulich, aber ich mochte auch die Platte nie. Nur "Beggar's Banquet", "Let it Bleed" und (vor allem) "Sticky Fingers" fanden Gnade.


Man sagt ja in jener fernen Zeit teilten sich die Musikhörer in streng getrennte Fraktionen:
Hier die Stones- und dort die Beatles-Fans.
Ich war zwar kein Stones-"Fan" habe aber selten mal Beatles-Titel wahrgenommen, die ich ermüdungsfrei hören konnte; am ehesten noch Abbey-Road - die Freunde zu Abba-Road verballhornten.

Kurze Zeit später ging es ja dann weiter zu King Crimson, ELP, Zappa, Pink Floyd, Led Zep., Randy Newman munter gemischt mit Varese, Stockhausen, Kagel u.v.a.
Das war lange vor dem Sparten-Rundfunk, zu einer Zeit als Alan Bangs uns am Wochenende auf seinen legendären Night Flight einlud.


[Beitrag von op111 am 23. Sep 2010, 22:29 bearbeitet]
Hörbert
Inventar
#17 erstellt: 23. Sep 2010, 21:20
Hallo!

Na ja, teilweise durch die Musik im Elternhaus, ein gewisser Teil klassischer Musik hatte ich immer in der Sammlung, zum Teil, -gerade die Musik neueerer Komponisten-, durch einige Freunde, Bekannte mit Musiksstudium und auch durch meine Beschäftigung mit dem Free-Jazz der 70ger Jahre.

Rock-Popmusik hat mich schon recht früh gelangweilt, (Ausnahmen gibt es allerdings einige wie z.B. Frank Zappa den ich auch heute noch nicht langweilig finde.) so das ich erstmal zum konventionellen Jazz und zu eher konventioneller Klassik gekommen bin. Bei der Beschäftigung mit Berg, Schönberg und Webern bin ich dann so richtig auf den Geschmack an der neuen Musik gekommen, -wobei ich die ältere Musik allerdings auch immer noch zu schätzen weiß-.


MFG Günther
Michael04
Inventar
#18 erstellt: 23. Sep 2010, 21:24
Moin

Selbst lange Zeit ausschließlich Rock und Pop Höhrer, hatte
ich durch Eltern und Geschwister immer ein Klassik höhrendes Umfeld. Als Kind habe ich auch mal angefangen
Klavier zu spielen, ist aber nie wirklich was draus geworden

Meine erste Klassik CD waren dann die 4 Jahreszeiten mit Nigel Kennedy. In der folge kaufte ich mir dann noch 2 weitere Kennedy CD's (Beethoven und Brahms VK), die ich aber unwahrscheinlich langweilig fand, so daß meine Begeisterung für Klassik erst mal gebremst war. Ich kaufte mir dann noch so eine Zeitschriften Serie mit Klassik CD's, die Aufnahmen waren aber meistens sehr schlecht.

Erst vor so ca. 6 - 7 Jahren habe ich verstärkt angefangen Klassik zu höhren und baue seit dem kontinuierlich meine CD Sammlung (auch Dank dieses Forums) weiter aus

Gruß

Michael
Kreisler_jun.
Inventar
#19 erstellt: 23. Sep 2010, 22:19
Meine Eltern hatten ein gewisses Interesse an klassischer Musik, allerdings auf dem Level, Wunschkonzert, Opernquerschnitte usw. Ich erinnere mich als relativ kleines Kind neben Peter und der Wolf, Ivan Rebroff, Marschmusik (eine ziemlich unsägliche Platte "Die schönsten Märsche und Marschlieder", O Du schöner Westerwald usw.) auch Opernchöre (Fliegender Holländer!) gemocht zu haben. D.h. Klassik war präsent, aber nicht systematisch und eher solche der leichteren Sorte.
Irgendwann Anfang der 1980er wurde dann eine neue Stereo-Anlage gekauft und etwas später kamen mehr Klassikplatten hinzu. Wirkliches Interesse habe ich aber erst mit etwa 14 gefaßt; ich hatte vorher fast überhaupt keine Musik gehört, einzele Pop/Rockstücke gefielen mir zwar, vieles fand ich aber furchtbar.

Die ersten Stücke waren "Reißer" wie Tschaikowskys 1812, Capriccio italienne, 1. Klavierkonzert. Dann natürlich auch Dvorak Aus der Neuen Welt. Wenig später löste dann Beethoven nochmal eine neue Begeisterungsstufe aus. Meine erste CD waren Beethovens 3.+ 4. Klavierkonzert, gekauft als ich 16 war; das 5. hatten wir schon auf einer Billig-LP in der alten Brendel-Aufnahme (Vox?).
Es kam dann noch dazu, dass ein sehr alter Freund von mir sich schon etwas vorher für klassische Musik begeistert hatte. Der hatte die damals am Kiosk? verkaufte Reihe "Große Komponisten", wo MCs bzw. LPs mit außerordentlich informativen Beiheften sehr preiswert vertrieben wurden. Ich hatte dann ab der 11. Klasse auch ganz ordentlichen Musikunterricht; ich erinnere mich, mit einem anderen Kumpel zusammen ein Referat über die Brandenburgischen Konzerte gehalten zu haben, damals lernte ich auch, eine Partitur einigermaßen mitzuverfolgen und habe, aufgrund des Interesses an klassischer Musik auch einige Jahre Klarinettenunterricht genommen.

In diesen Jahren vor und nach dem Abitur hatte ich überdies einen weiteren Schulkameraden, ein ziemlich guter Pianist, dessen Elten eine in meinen Augen riesige Plattensammlung besaßen (selbst wohl ererbt/übernommen, ca. 2000 Platten oder so). Obwohl ich selbst mir zunächst, allein aus finanziellen Gründen (zig Werke habe ich von Bekannten überspielt oder im Radio mitgeschnitten, noch MCs und LPs gekauft, weil die billiger waren...) , kaum alternative Interpretationen kaufte, wurde mir dort auch zuerst klar gemacht, dass es hier Unterschiede gibt,

JK jr.
Martin2
Inventar
#20 erstellt: 24. Sep 2010, 12:16
Ich komme aus einer relativ musikalischen Familie; meine Eltern singen und haben erst vor kurzem beim Elias von Mendelssohn mitgesungen.

Wie ganz genau ich zur klassischen Musik gekommen bin, liegt für mich aber doch etwas im Dunklen. Als ganz kleines Kind habe ich Schlager gehört; später internationalen Rock Pop. Relativ früh begann ich aber auch klassische Musik zu hören, wohl auch angeregt durch meine Eltern, Mozarts Es Dur Sinfonie mit Fricsay erinnere ich besonders.

Was für mich aber im Dunklen liegt sind die genauen Abläufe meines Klassikeinstiegs. Angefangen mit intensiverem Klassikhören habe ich auf jeden Fall mit den Brahmssinfonien, die ich damals auf einem besseren Volksempfänger, mitgeschnitten auf einem billigen Cassettenrekorder hörte. Der Konzertführer meiner Eltern, ich glaube einer von Westermann (?), wurde dazu ausgiebig konsultiert. Ich muß um die Zeit so 13 oder 14 gewesen sein. Ich las mich darin fest und ich hörte in meiner Schulzeit dann schon sehr viel Musik: die Brahmssinfonien, die Brucknersinfonien, die Sinfonien von Mahler, Sibelius, Mozart, teilweise Dvorak und Tschaikovski und sogar die von Charles Ives. Mit anderen Klassikgattungen setzte ich mich nur sporadisch auseinander, immerhin aber mit der Kammermusik von Charles Ives.

Insofern ist die Frage, wie ich zur klassischen Musik gekommen bin, schwer zu beantworten. Ich komme wiegesagt aus einer Familie, die gerne klassische Musik hört, mir diese aber anderseits auch niemals aufgezwungen hat und so war dies eben ein ganz natürlicher organischer Prozeß, der sehr früh begann, vermutlich auch schon bevor ich mich mit 13, 14 in die Sinfonik von Brahms verschoß. Ich hatte als Jugendlicher auch eine Ausbildung auf der klassischen Gitarre, auch wenn ich es auf diesem Instrument nie weit gebracht habe.

Gruß Martin
Joachim49
Inventar
#21 erstellt: 25. Sep 2010, 23:13
Wir hatten zu Hause, nicht gerade ungewöhnlich, ein eher mittelmässiges Radio, das mein Vater nur zum Nachrichtenhören einschaltete (Fernsehen gab's erst sehr spät, - eine gute Idee). Meine Mutter, Grossmutter und mein Bruder schalteten das Radio nie ein. Ich war der einzige Nutzer. Wâhrend der Schulzeit oft um die üblichen Hitparaden zu hören, aber auch die sonntäglichen Wunschkonzerte, mit den typischen Klassikschlagern (populäre Opernarien und - ouvertüren, Ungarische Rhapsodien, das einst äusserst beliebte Zwischenspiel zu Notre-Dame nicht vergessen, etc.
Zuhause stand ein Klavier, das nie verwendet wurde, obwohl meine Mutter als Schülerin mal Klavierstunden hatte. Als ich auf's Gymnasium kam wurde da nachschulischer Geigenunterricht angeboten, und die weiblichen Familienmitglieder fanden es eine gute Idee dass ich davon Gebrauch machte. Der Unterricht war wahrscheinlich miserabel aber ich war auch ein miserabler Schüler. Erst viel später hatte ich einen wirklich guten Geigenlehrer, aber da hatte ich mich an vieles schlechtes schon gewöhnt. Es hat aber gereicht um zweite Geige im Schulorchester und später in einem Ensemble der Volkshochschule zu spielen.
Das eigentliche Interesse an Klassik kam als ich 15 oder 16 war. Ich kam von Ferien mit einer Jugendgruppe zurück, hatte den Wunsch nach zweiwöchiger Pause ein bisschen Musik zu hören, und schaltete wahrscheinlich SWF (Baden Baden) ein. Was ich da hörte ging durch Mark und Bein - nie hatte ich gedacht, das Musik einen Menschen so tief berühren konnte. Was ich zu hören bekam war Brahms' 1. Klavierkonzert, wahrscheinlich in der Szell-Fleisher Aufnahme. Mit einer Ausnahme, Schuberts Quintett, hat mich nie mehr ein Stück Musik emotional so erschüttert.
Wir hatten zum Glück einen Plattenspieler, denn wir bekamen im Austausch für Kaffee aus der 'Ostzone' Klassik Schallplatten. Ich habe dann mit Hilfe einer spendablen Grossmutter ab und zu CBS LP's mit Szell und/oder Fleisher gekauft, und da sich irgendjemand in der Familie einen Buchclub hat aufschwätzen lassen, war dies auch eine regelmässige Bezugsquelle. Mit 18 kannte ich dann ungefähr das bildungsbürgerliche Kernrepertoire der Klassik, vor allem die Wiener Klassik bis einschliesslich Brahms. Manchmal wundere ich mich, warum ich in einer relativ 'klassikgleichgültigen' Umgebung ein relativ fanatischer Klassikhörer wurde (Mein Vater hat nie eines der Konzerte besucht in denen ich mitspielte - er hat nie in seinem Leben andere Musik gehört als den schleppenden Gesang in der Pfarrkirche. Mein Bruder kennt nur den Bolero und die ersten paar Sekunden aus Beethovens Fünfter. Auch er hat nie ein Konzert besucht). Als ich anfing zu studieren hatte ich das Glück, ich weiss nicht mehr wie oder warum, vor Konzerten die Programmhefte zu verkaufen. Als Entlohnung konnte man dann schnell zu Beginn des Konzertes in den Saal schlüpfen.Da hab ich die junge Argerich gehört, aber vor allem Streichquartette: Julliard, Guarneri, Lasalle, Amadeus, Janacek, Smetana ... unvergesslich! Leider habe ich nie das Quartetto Italiano oder das Ungarische Streichquartett live gehört.
Joachim
arnaoutchot
Moderator
#22 erstellt: 26. Sep 2010, 09:09
Hallo Johannes, Martin, Joachim,

sehr interessant, Euren "Werdegang" zu lesen. Wie es mir scheint, seid ihr ja trotz nicht ausgeprägt musikalischer Elternhäuser (ausser bei Martin vielleicht) ziemlich ohne Umwege direkt zur Klassik gekommen. Ich wiederum hatte einen Vater mit einer einigermassen umfassenden klassischen Plattensammlung (ich schätze mal rd. 200 LPs per Ende der 70er), und konnte erst mal nur wenig damit anfangen. Mit manchen Bereichen der Klassik tue ich mich auch heute noch schwer (zB Streichquartette oder Opern).

@ Günter: Zappa war für mich ein enormer Katalysator. Seine Platten der frühen Siebziger eröffneten mir den Jazz (zB über Weather Report und Return to Forever zu Miles Davis), seine allerersten Platten den Blick in die modernere Klassik (Igor's Boogie zB veranlasste mich nachzuschauen, wer denn dieser Igor ist. In einer Zappa-Biographie las ich dann über einen gewissen Edgar Varèse). Dass ich auch heute noch immer wieder gerne Zappa höre, versteht sich von selbst. zB "Roxy and Elsewhere", da ist von all dem vorgenannten was drin.
Kreisler_jun.
Inventar
#23 erstellt: 26. Sep 2010, 10:45
Bei mir musste die Klassik nichts verdrängen. Es liefen bei meinen Eltern eben erst recht kein Rock oder auch kaum Schlager, sondern insgesamt gar nicht so viel Musik. (Das Radio lief eine halbe Stunde oder Stunde morgens beim Frübstück und das war noch kein solcher Dudelfunk. Undenkbar, dass ständig im Hintergrund das Radio liefe und Fernsehen war für Kinder unter ca. 14 sehr streng reglementiert.) Und wenn dann eben tendenziell "leichte Klassik" oder Musical wie My Fair Lady oder Lieder von Reinhard Mey. Die Pop-Rock-Musik Anfang/Mitte der 1980er Jahre konnte mich als 10-14 jährigen auch kaum begeistern. Ich habe, bevor ich die Klassik entdeckte, fast gar keine Musik gehört, jedenfalls waren mir solche emotionalen Erlebnisse und ein "Hineingesogenwerden", wie man es bei der Klassik erleben kann, vorher nicht bekannt. Wobei ich das nicht auf ein Urerlebnis wie Joachim beziehen kann und einige Musik, die mich zuerst begeistert hatte, wie die "Bonbons" von Tschaikowsky fand ich vorübergehend total flach, nachdem ich einmal Beethovens Musik kennengelernt hatte.

Jazz (hauptsächlich Bebop und Cool der 40er u. 50er)) lernte ich durch einen Schulfreund in der Oberstufe (der, dessen Eltern die große Klassik-Sammlung hatten) kennen. Ich höre da auch einige Sachen recht gern (habe vielleicht so 40-50 CDs), aber so wirklich reingekommen bin ich irgendwie nie, emotional nur bei vereinzelten Stücken und "intellektuell" gar nicht. Das konnte daher Klassik höchstens am Rande ergänzen. Man kann ja Erleben nur schlecht schildern, aber ich nehme Jazz weitgehend so wahr wie vielleicht viele Hörer Klassik erleben. Als etwas, für das man "eingeweiht" sein muss, weil man sonst nur die Oberfläche und einzelne interessante Stellen wahrnimmt. (Und was man als "gebildeter Mensch" einfach goutieren muss, up to a point... ;))

JK jr.
Maastricht
Inventar
#24 erstellt: 26. Sep 2010, 10:59
Von zuhause aus wurde ich nicht so stimuliert im Musik hören. Ich erinnere mich in frühen Jahren viel Musik im Radio zufällig gehört zu haben: Deutsche Schlager, … und im Fernsehen: Catharina Valente, Helmut Zacharias, Louis Armstrong, …

Als ich so um die 14 Jahre war ging ich bewusst mehr Englische Schlagermusik hören (auf dem Englischen Soldatensender). Blues (erst Britisch Blues: John Mayall, Alexis Korner), dann ziemlich schnell auch US-Blues: Rural Blues, Chicago Blues, … - von den ganz alten Aufnahmen bis zu den neuesten elektrischen) und Rock kamen dazu. Ich kaufte damals auch meinen ersten Schallplattenspieler mit Verstärker und im Deckel den Lautsprecher. Ich glaube meine erste Vinylplatte war eine EP: The Beatles with Tony Sheridan.

So ab 20 hörte ich ab und zu ! klassische Musik und kaufte auch die eine oder andere LP (z.B. Tchaikovsky, 1e Klavierkonzert mit Richter, erinnere ich mich; und die fantastische Serie mehrere Plattengesellschaften: Die Klassieken; da hatte ich ziemlich viel von). Bei klassischer Musik hatte ich erst ziemlich viel Mühe mit Kammermusik; das ist jetzt schon anders. Sangstimmen fand ich schon immer faszinierend, bei welcher Musikgattung auch. Zu ganzen Opern hatte ich noch keinen Zugang (das dauerte schon noch eine Zeit, aber Arien konnten mich schon packen).

Als ich von LPs auf CDs umstieg (und ich die LPs weggetan hatte) kaufte ich beinahe ausschließlich Klassische Musik und Opern. Später sind da auch wieder Jazz, Blues, Rock und Folk (Johnny Cash) CDs und auch (in dieser Reihenfolge) hinzu gekommen. Und von allen Gattungen auch ziemlich viel DVDs (und jetzt auch Blu Rays).

Ich glaube das Jazz, Blues, Rock aber zusammen höchstens 10% meiner Sammlung ausmachen und das ich sie vielleicht noch weniger spiele. (Was aber kein Werturteil impliziert).

Ich sehe mich selbst als Musikliebhaber mit breitem Interesse. Und – wie Frank – bedauere ich dass ich kein Musikinstrument spielen gelernt habe (bei mir wäre es ein Klavier geworden).

Gruß, Jürgen
WolfgangZ
Inventar
#25 erstellt: 26. Sep 2010, 11:05
Vermutlich eher langweilig: als Vierzehnjähriger 1970 kleine Bandmaschine geschenkt bekommen, Hitparade (nebst Eigenproduktionen mit Mikrophon) aufgenommen, sehr rasch im Radio weitergedreht und allmählich Gefallen an Originellerem gefunden. Klavier lernte ich schon ein paar Jahre und ein braver Schüler mit guten Noten war ich auch.

Heute kann ich die Bänder nicht mehr abspielen, obwohl mich ein funktionstüchtiges besseres Gerät irgendwie schon reizen würde. Es gibt sie ja noch.

Seltsam ist, dass sich unter den allerersten Mitschnitten neben der "Moldau" und der "Mondscheinsonate" und einem Konzert des Schulchores, bei dem ich mitgesungen habe, auch ein Ausschnitt(!) aus dem "Gesang der Jünglinge im Feuerofen" von Stockhausen befand.

Komplett gehört habe ich dieses Werk, glaube ich, noch nie ...

Wolfgang
Kings.Singer
Inventar
#26 erstellt: 26. Sep 2010, 13:24
Hi.

Mein Einstieg ist untypisch typisch, würde ich jetzt mal diagnostizieren.
- Klavierunterricht nach der musikalischen Früherziehung
- Mit 18 Jahren aufgehört (die letzten Jahre waren sowieso eher ein Witz)
- Mit 15/16 angesprochen worden ob ich nicht Gregor Linßens Requiem in unserer Gemeinde mitsingen wolle - probiert - geglückt!
- Dann (frewillig! ) mit 16/17 und später in immer mehr Chöre (alle mit sakralem Hintergrund) eingetreten und heute sogar auch solistisch als Sänger aktiv

Das Engagement im Chor war dann auch mit ein Grund wie ich meine Eltern davon überzeugen konnte mit dem Klavierspielen aufzuhören.

Ein großes Schlüsselerlebnis, das mich zum CD-Sammler machte, war ein Konzert der Reihe "Classical Spectacular", in das ich eher zufällig mitging. Auf dem Fuldaer Domplatz im Hochsommer; eine tolle Kulisse!
Tschaikovskys 1812 Ouvertüre mit Kanoneneinsatz haute mich sprichwörtlich vom Stuhl. Dann suchte ich nach CDs davon, fand das Forum hier und wurde darauf aufmerksam gemacht wie wichtig die richtige Interpretation von einem Werk für den Musikgenuss ist - und dass es da erhebliche Unterschiede gibt!

Grüße,
Alexander.
Hörbert
Inventar
#27 erstellt: 26. Sep 2010, 16:43
Hallo!

@arnaoutchot

Kennst du eigentlich die Zappa-Interpretation von Boulez? Hier zeigt sich z.B. was die Instrumentation und Spielweise ausmachen kann. Für einen eher ungeübten Hörer dem die neue Musik nicht sehr vertraut ist dürfte hier der Unterschied zwischen Zappa und einem beliebigen Komponisten der neuen Musik bedeutungslos werden.

Zappas Bedeutung als Grenzgänger zwischen Jazz und Rock kann man wohl gar nicht hoch genug einschätzen. Sehr viele meiner Bekannten wären ohne Zappa nie zumm Jazz gekommen. Für einige von ihnen war dann der Schritt vom Jazz zur Klassik oder gar zur neuen Musik nur noch eine Frage der Zeit. Wenn bei den meisten inzwischen auch der Rock im großen ganzen aus dem Platten-/CD-Regal verschwunden ist gibt es bei fast allen davon immer noch einen Platz für Zappas Musik.

MFG Günther
Pilotcutter
Administrator
#28 erstellt: 27. Sep 2010, 13:20

Joachim49 schrieb:
Was ich zu hören bekam war Brahms' 1. Klavierkonzert,


Ich wollte es die Tage schon schreiben, bin aber darüber hinweggekommen. Das Brahms'sche Klavierkonzert muss mit einigen anderen Klavierkonzerten zu meinen ersten Werken gehört haben, denn soweit ich mich erinnere, war dieses Konzert wohl überhaupt das erste Stück an dem ich klassische Musik angefangen habe zu kapieren.

Das hat mich absolut fasziniert, das brachiale Einleitung und das forsche 1. Thema, das sangliche 2. Thema, der Klaviereinsatz scheinbar aus dem Nichts - das Orchester imitierend. Dieses Klavierkonzert ist bis heute mein repräsentatives Klassikwerk geblieben.

Es war die Pollini/Böhm/WPO Aufnahme.

Gruß. Olaf


[Beitrag von Pilotcutter am 27. Sep 2010, 15:05 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#29 erstellt: 27. Sep 2010, 13:27
Hi,

ich habe die Brahms-KK damals mit Arrau und Haitink (Philips) kennen gelernt - Liebe auf den ersten Blick.

Grüße
Frank
arnaoutchot
Moderator
#30 erstellt: 27. Sep 2010, 14:49

Hörbert schrieb:
@arnaoutchot

Kennst du eigentlich die Zappa-Interpretation von Boulez? Hier zeigt sich z.B. was die Instrumentation und Spielweise ausmachen kann.


Klar ! Ich bin zwar nach wie vor mehr ein Freund des Rock-Zappa, aber da gibt es schon tolle Sachen darunter. zB "The Yellow Shark" mit dem Ensemble Modern.



Pilotcutter schrieb:
Brahms KK: Es war die Pollini/Böhm/WPO Aufnahme


Muss ich mir gleich mal darauf hin anhören.
flutedevoix
Stammgast
#31 erstellt: 30. Sep 2010, 16:04
Mein Elternhaus, in dem auch meine Großeltern lebten, war immer musikalisch geprägt. So singt meine Mutter noch heute in einem Kirchenchor.

Meine Großeltern besaßen eine ziemlich große Plattensammlung und zu besonderen Anlässen, besonders jedoch an trüben Wintertagen, wurde der Plattenspieler im Wohnzimmer aufgebaut und Musik gehört. Das Repertoire entsprach dabei vermutlich der Generation meiner Großeltern, die zwischen 1900 und 1913 geboren waren: Volksmusik, Männerchöre, Marschplatten und "leichte Klassik (viel Strauss, Lanner, Lehar, Offenbach, etc. und Operette). Dazwischen befanden sich jedoch auch einige Raritäten, die ich seither wie meinen Augapfel hüte: Schellack-Platten von Richard Tauber und Enrico Caruso. Dies war in etwa meine musikalische Sozialisation bis zu meiner Einschulung.

In meiner Schulzeit begann auch dann meine Karriere als Blockflötist an der örtlichen Musikschule. Bald verband mich und meine Eltern ein Freundschaft mit meinem Blockflötenlehrer. Zu meinem 11. Geburtstag bekam ich von ihm die Brandenburgischen Konzerte mit Harnoncourt auf Platte, ein Geschenk, das mich zunächst verstörte, bald aber zu meinen absoluten Lieblingsplatten gehörte. Am darauffolgenden Geburtstag erhielt ich Händel Messias in der dt. Einspielung von Karl Richter. Händel begeisterte mich von Anfang an in besonderem Maße. Von diesem Zeitpunkt an floß mein Taschengeld komplett in Musik: Instrumente und Noten zum Musizieren und Platten zum Hören. Da ich schon bald besonderes Talent als Blockflötist erkennen ließ, wurden meine Auftritte schon recht früh nicht nur mit Applaus honoriert, was mir die Anschaffung einer recht ordentlichen Plattensammlung mit großem Schwerpunkt auf Barockmusik und besonders Händel ermöglichte.

Geschehen war es um mich dann mit meiner ersten Hifi-Anlage, schon mit CD-Player. Ich schwenkte von LP auf CD um, kaufte mir aber nur die wenigsten Platten als CD nach. Dadurch wuchs ich in meiner Teenager-Zeit schon mit z.T. fünf verschiedenen Interpretationen des gleichen Werkes auf. In diese Zeit fällt dann auch mein erster Kontakt mit Jazz, angestachelt durch die Vorliebe meines Vaters für Glenn Miller. Rasch kam ich über die Bigband-Schiene zu Miles Davis und Gil Evans und ihren beiden phantastischen Platten "Sketches of Spain" und "Porgy and Bess". Rock-Musik entdeckte ich noch später, so in der 12. Klasse über Beatles, Deep Purple, Emerson Lake and Palmer (natürlich die "Pictures of an Exhibition"-CD!).

Meine Freunde überraschte keinesfalls, daß ich Musik studieren wollte, schließlcih wußten sie, daß ich sämtliche (wenige) freie Zeit, die ich nicht mit meiner Freundin, Proben, Üben oder mit ihnen verbrachte, meiner damals schon beträchtlichen CD-Sammlung widmete (damals ca. 800-1000 CDs).
Tja und heute bin ich irgendwo bei 4500 - 5000 CDs angekommen und aufgrund (oder trotz) meines Musikerdaseins immer noch wahnsinnig neugierig auf Neues! Schwerpunkt meiner Sammlung ist die Alte Musik zwischen 1200 und 1800, etwas stiefmütterlich habe ich bisher die neueste Musik (die letzten 30 Jahre) behandelt, die mich aber weder von der Hörerseite noch von der Interpretenseite besonders ansprechen. Besonders Interessant finde ich noch Mahler und sein Umfeld, sowie die Entwicklung der Kompositionsstile in Zusammenhang mit den instrumententechnischen Entwicklungen im frühen 19. Jahrhundert. Und zur Zeit das heute leider immer noch weitgehend unbekannte kompositorische Umfeld Haydns, Mozarts und Beethovens
arnaoutchot
Moderator
#32 erstellt: 30. Sep 2010, 16:41
Hallo Johannes (flutedevoix), danke für die farbige Erzählung Deines musikalischen Werdegangs. Ich neige gleich Dir auch eher zu älterer vor-barocker Musik denn zur zeitgenössischen. Ist bei Deinem Instrument aber auch naheliegend. Ich wünsche Dir für Deine musikalische Karriere weiterhin viel Erfolg und alles Gute.

Ich muss mal schauen, ich hab Dich doch bestimmt auf einer CD als Musiker dabei. Ein von mir sehr geschätzter Flötist ist Dein schweizerischer Kollege Maurice Steger, von dem ich ein paar Platten habe.

Edit: Ja, doch, ich hab Dich auf der "Tilman Riemenschneider"-CD auf Naxos. Habe ich mir übrigens anlässlich der Riemenschneider-Ausstellung in Würzburg vor ein paar Jahren (2005 ?) gekauft.


[Beitrag von arnaoutchot am 30. Sep 2010, 16:45 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#33 erstellt: 12. Okt 2010, 15:55
Ich bilde mir ein es gab schon mal so einen Thread hier
Aber scheinbar schein ich mich zu täuschen.

Bei mir wars eher durch Zufall beim zappen durch die Fernsehkanäle als ich ca. 10 Jahre alt war und dann bei einer Konzertaufzeichnung von Vivaldis 4 Jahreszeiten mit Karajan und A.S.Mutter hängengeblieben bin. Diese Musik war für mich damals etwas völlig Unbekanntes da in meinem Elternhaus ausschließlich nur Popularmusik gehört wurde. Das Einzige womit ich klassisch damals schon zuvor in Berührung kam waren nur so Sachen wie zB Donauwalzer traditionell zu Mitternacht beim Jahreswechsel (hier so üblich in Österreich) und wenn dann nur ganz kurze Ausschnitte über Werbung, Radio-Signations,... also nicht wirklich etwas wo man sich einen guten Eindruck davon machen könnte. Es war sozusagen eine Welt für mich, als würde Klassik garnicht existieren (und ich fürchte so geht es heutzutage den meisten Heranwachsenden so)

Ich hab es also für mich selber entdecken müssen und dafür waren wohl die 4 Jahreszeiten ein sehr guter Einstieg, ein eingängiges noch nicht zu überforderndes, abwechslungsreiches Werk das dennoch zur meisten Popularmusik weitaus anspruchsvoller, vieler interessanter Details ist der man da als "Neueinsteiger" fasziniert bzgl. der ganz anderen Tonsprache, Musikstils gegenüber steht. (Es hat halt meinen Nerv genau getroffen, etwas das unentdeckt in mir wohl immer geschlummert hat)
Dabei hat mich als Kind noch die Gestik,Mimik Karajans (der vom Cembalo aus leitete) dazu fasziniert der dem Ganzen noch etwas Geheimnisvolles, Erhabenes mit einflösste.

So begann es dann, meine ersten Klassik-CD-Käufe (obwohl das waren sowieso auch einer meiner ersten CD´s überhaupt da die CD damals noch nicht so lange auf dem Markt herausgebracht wurde) zunächst nur andere Werke Vivaldis dann immer mehr erweitert zu andere populäre Komponisten.(Was halt damals auch mein Taschengeld erlaubt hat ) Bin dann auch in einen Klavierunterricht gegangen und habe damals leidenschaftlich gerne Partituren in das Musikprogramms meines Computers eingegeben (mich faszinierte das dann soz. aus dem Nichts Musik entstand was mich wiederum mehr und mehr selbst zu Komponierversuchen verleitete)

Das war mein Einstieg, so eine Klassik-CD-Sammlung die das meiste Wichtigste abdeckt konnte ich natürlich erst anhäufen ab da ich mein erstes selbstverdientes Geld hatte.

lg
Thomas
WTRiker
Ist häufiger hier
#34 erstellt: 22. Okt 2010, 11:12
Meine Initialzündung bei Klassik war tatsächlich der Musikunterricht.

Wir hatten die 9. von Dvořák (Aus der neuen Welt) durchgenommen und das Ergebnis davon war, dass ich direkt nach der Schule unseren örtlichen Plattenladen gestürmt und eine Aufnahme mit Herbert von Karajan gekauft habe.

Danach war dann kein Halten mehr...
Szellfan
Hat sich gelöscht
#35 erstellt: 27. Okt 2010, 09:17
Hallo zusammen,
liest sich ja wirklich sehr abwechslungsreich.
Weder in meinem Elternhaus als auch in dem meiner Großeltern, bei denen ich teilweise aufgewachsen bin, spielte Musik überhaupt eine große Rolle.
Bei Muttern immer mal ein Strauß- Walzer oder doch auch schon mal ihr "mein Ludwig", also van Beethoven.
Eher selten, neben Ivan Rebroff und diesem Griechen mit dem hohen Tenor, der Name ist inzwischen weg.
Meine Großeltern hörten noch weniger, aber meine Oma hatte den Wunsch, beim "Largo" beigesetzt zu werden.
Woher dieser Wunsch rührte, ist mir bis heute verschlossen geblieben.

Initialzündung mit acht Jahren eine Händelsche Cembalosuite im Musikunterricht. Außerunterrichtliches Aufsuchen der Musiklehrerein: was gibts da denn sonst noch? Sie lieh mir dann LPs mit Couperin, Telemann... und so fort.

Und dann der Rundfunk, in Eberswalde bei Berlin hatte man im Osten ja Glück und bekam den SFB. Ohne den wäre mein Interesse möglicherweise wieder eingeschlafen, aber dank Herrn Moorbach, den es da heute noch gibt, lernte ich so Stück für Stück einen riesigen Teil der Musikgeschichte kennen und lieben.
Da lief dann tatsächlich jeden Morgen eine Woche lang Stück für Stück das ganze Zelenka- Orchesterwerk mit Thomas Füri, das damals gerade erschienen war.
Jede freie Minute hab ich da am Radio gesessen und wurde nie satt.
Richtige Leidenschaft, schon als Kind.
Ach Gott, sogar die Skat- Kasse meines Opas habe ich geplündert, um mir meine erste Platte zu kaufen: Händels Orgelkonzerte op.4 von Eterna. Mein Opa hat's mir verziehen, waren ja keine Süßigkeiten.

Und ich wollte sogar ein Instrument lernen, Klavier, doch meine Mutter war davon wenig angetan, um es so auszudrücken (Tatsächlich war ihr Satz: Dazu bist du doch sowieso zu dumm.)
Und so wurde ich eben ein aktiver Betreiber des Passiven, nämlich Hörer und Lesender, nur daß ich bis heute nicht gelernt habe, Noten zu lesen.

Aber das alles hat auch durchaus Früchte getragen, ich habe dadurch zwanzig Jahre lang Klassik- CDs verkauft und auch dabei viele Freunde gewonnen, was unter Umständen beim aktiven Ausüben von Musik nicht möglich gewesen wäre.
Und so stand damals ein Fünfzehnjähriger vor mir und wollte Vivaldis "Vier Jahreszeiten" kaufen mit Iona Brown, um sie zu verschenken und ich riet ihm, doch mal die Aufnahme mit Biondi zu probieren (Die frühe bei opus 111).
Tags darauf stand er wieder da und wollte wissen, warum das so anders klingt als bei Iona Brown. Heute ist er Musikwissenschaftler und der Entdecker von "Alles mit Gott und nichts ohn ihn".
Wie lachen heute immer noch gern über unsere erste Begegnung und tauschen uns rege aus.
Eitel sollte das jetzt wirklich gemeint sein, sondern meinen Dank ausdrücken an die, die mich begleitet haben.
Herzliche Grüße, Mike
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