Hifiman Deva Pro - Review

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Watchful_Eye
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#1 erstellt: 26. Jan 2023, 00:42
Liebe Leute,

Ich wollte im Folgenden ein Review über meinen Hifiman Deva Pro schreiben und über dessen Vorteile, aber auch ungeschönt über dessen Nachteile berichten. Insgesamt bin ich froh, dass ich ihn habe, nur er hat auch seine Schwächen. Zugleich aber eben auch spezifische Vorteile.

Der "Kniff" des Hifiman Deva (Pro) besteht darin, dass er über ein optional ansteckbares Modul per Bluetooth verwendet werden kann - den "Bluemini" - allerdings auch komplett unabhängig davon funktioniert. Teilweise wird der Hörer sogar ganz ohne dieses Modul verkauft. Ein Vorteil daran ist auch, dass der Hörer immer noch voll nutzbar ist, falls der Akku des Moduls eines Tages versagen sollte. Obendrein kann dieser "Bluemini" auch noch als DAC und Verstärker des Hörers genutzt werden, sofern man das will. Der ausgegebene Pegel des Bluemini reicht auf jeden Fall locker aus, um sich mit jedem erwünschten Musikstil das Gehör zu ruinieren.

Vorgeschichte:
Zunächst die Vorgeschichte. Ursprünglich fing es bei mir nämlich nicht mit dem Deva Pro an, sondern mit dessen Vorgängermodell, dem Hifiman Deva. Ich hatte ihn als Rückläufer von einem Online-Händler gekauft, wo er deutlich unter UVP verfügbar war. Zunächst schien alles in Ordnung, allerdings fiel mir zufällig ein leichtes Schnarren in den unteren Mitten auf. Dazu hatte ich damals auch in diesem Forum einen Thread aufgemacht. Mir wurde geraten, den Kopfhörer auszutauschen, und das habe ich dann auch gemacht.

Der Ersatz-Deva-Rückläufer hatte dieses Problem dann nicht, aber dafür andere. Dessen Bluetooth-Modul war nämlich kaputt. Das wurde dann bald ausgetauscht, aber nach 1-2 Wochen Nutzungszeit musste ich feststellen, dass ich auch sonst nicht zufrieden war. Der Treble-Bereich klang einfach völlig "falsch". Bestimmte Frequenzbereiche wurden kaum abgebildet, zugleich gab es einen sehr fiesen Hochtonpeak auf einer Seite. Ich entschloss mich, noch etwas mehr Geld reinzubuttern und bot dem Händler an, das Gerät gegen Aufpreis gegen einen neuen Hifiman Deva Pro auszutauschen.

Der war in diesem Aspekt dann besser und hatte auch sonst keine groben Mängel, aber war auch nicht frei von Schwächen. Aber der Reihe nach.

Festhalten kann man an dieser Stelle vielleicht, dass es wahrscheinlich keine gute Idee ist, Hifiman-Kopfhörer gebraucht oder als Rückläufer zu kaufen. Ihre Qualitätskontrolle gilt als problematisch, und das kann ich soweit nur bestätigen.

Ausstattung, Komfort, usw:

Der "Hifiman Deva Pro" hat 2 3,5mm-Anschlüsse und ein 2xTRS 3,5mm-Kabel liegt bei, ebenso ein 6,3mm Adapter. Man muss allerdings aufpassen. Obwohl sich das Bluetooth-Modul prinzipiell an beiden Seiten anstecken ließe, besteht anscheinend Kurzschlussgefahr, sofern man es auf der falschen (der rechten) Seite einsteckt. Die richtige Seite ist mit einer kleinen Markierung angegeben. Man kann den Hörer entweder mit einem 2x TRS oder einem 1xTRRS-Kabel (links) anschließen. Wenn man das 1x TRRS-Kabel auf der falschen Seite anschließt oder gar ein 2x TRRS-Kabel verwendet, besteht anscheinend Gefahr, den Kopfhörer oder gar die Quelle dauerhaft zu beschädigen. Das ist nicht so gut gelöst, meiner Meinung nach. Es gibt ein Youtube-Video vom Youtuber "Miniklangwunder", der das Problem im Detail erklärt. Die Qualität des beigelegten Kabels ist solide. Ein bisschen kurz für meinen Geschmack, aber es ist nicht sehr mikrophonisch. Ich verwende, wenn ich ihn gerade nicht über Bluetooth nutze, meistens ein 3 Meter langes Drittherstellerkabel (einseitig, TRRS).

Der Hörer hat je nach Messung eine Impendanz von nur etwa 18 Ohm, aber ist zugleich auch ziemlich unempfindlich (93,5 db). Er braucht nicht superviel Power, aber ein Handy reicht dann doch nicht so ganz. Ich treibe ihn mit einem Shanling UA2 oder eben dem Bluemini-Dongle an.

Eine der Gründe, warum ich mit dem Hifiman so viel Geduld hatte, ist sein für mich exzellenter Komfort. Ich habe anscheinend einen sehr großen Kopf und bin obendrein auch noch Brillenträger, aber bei dem Deva könnte er sogar noch ein gutes Stück größer sein, ohne dass das ein Problem wäre. Die Ausrichtung auf größere Köpfe scheint typisch für Hifiman zu sein. Das Kopfband ist dick und obwohl er mit 360 Gramm nicht zu den ganz leichten Modellen gehört, spüre ich ihn auch über längere Zeit kaum am Kopf. Die Ohren passen auch gut in die Ohrmuscheln, sind offenbar größer als beim 400se oder beim Sundara, zugleich aber auch nicht ganz so groß wie die vom Ananda oder vom Hifiman XS. Auch sind sie nicht oval, sondern rund. Dadurch sollten sie weniger auf den Kiefer drücken als beim Ananda und beim XS, was dort häufig als Problem genannt wird. Durch seine eher kühlen Pads, seinen schwachen Anpressdruck und seine enorme Offenheit ist der Kopfhörer auch nicht anfällig dafür, die Ohren zu überhitzen. Zugleich muss man sagen, dass er nicht allzu stabil auf dem Kopf sitzt: Mir macht das allerdings wenig aus. Großes Lob in diesem Aspekt.

Noch besser ist der Komfort mit dem Bluemini - obwohl das noch ein paar weitere Gramm hinzufügt. Es ist schon echt ein tolles Gefühl von Freiheit, mit einem offenen, kaum spürbaren Kopfhörer ohne Kabel durchs Zimmer zu laufen. Klanglich muss man allerdings auch sagen, dass der Bluemini ein hörbares Grundrauschen hat. Und zwar nicht nur im Bluetooth-Betrieb, sondern sogar auch, wenn man ihn als DAC nutzen will. Die Batterie des Bluemini ist für den Hausbetrieb solide. Ich weiß es nicht exakt, aber so 5-6 Stunden sind jedenfalls kein Problem. Er ist mir bisher nur am Anfang einmal ausgegangen.

Die Verarbeitung passt. Viel Plastik, ein bisschen Alumunium. Er wirkt eher hochwertig, nichts klappert. Stürze auf Fliesen oder aus großer Höhe wären vermutlich aufgrund seines Gewichts aber nicht zu empfehlen. Zugleich habe ich aber auch nicht das Gefühl, ihn mit Samthandschuhen anfassen zu müssen. Ein normal-pfleglicher Umgang ist ok.

Sound:

Hier habe ich, wie ich im folgenden ausführen werde, dann doch ein bisschen zu meckern. Auf der Seite Soundstagenetwork findet man Messungen, die sich überwiegend mit meinen Empfindungen decken.

Im Urzustand klingt der Hörer insgesamt entspannt, eher mittenlastig, mit betontem Superhochton - es fehlt ihm allerdings an Tiefbass. Da er als Planar in dem Bereich nicht anfällig für Verzerrungen ist, ist es allerdings kein Problem, ihm per EQ 10DB Tiefbass zu verpassen, ohne dass er ansatzweise einknickt. Oratory1990 empfiehlt bei seinem EQ-Preset sogar 12,5 DB. Nach der Nutzung von EQ finde ich den Bass sogar ziemlich fantastisch, muss ich sagen. Sehr klar, mächtig, und "flächig" dank der großen Treiber. Für mich als Brillenträger kommt noch als Vorteil hinzu, dass der Bass nicht von einem guten "Seal" abhängig ist. Ich kenne aber sonst nur dynamische Kopfhörer, sodass mir der Vergleich fehlt: Vielleicht ist das unter Planar-Kopfhörern nichts besonderes.

Schwieriger zu EQen sind allerdings seine Ungenauigkeiten im Treble, insbesondere im Superhochton. Die verlinkten Messungen lassen es bereits erahnen: Es gibt massive Peaks und Dips überhalb von 10000hz und obwohl es nicht so schlimm ist wie bei dem Deva, den ich zurückgegeben hatte, ist es immer noch sehr "ungenau". Die Messungen von Crinacle zeigen zudem, dass es, wie ich subjektiv bestätigen kann, im Superhochtonbereich Channelabweichungen von bis zu 8db gibt. Bei mir ist es so, dass der Hörer auf der linken Seite im Bereich von 10000-12000hz deutlich lauter ist, der auf der rechten Seite von 12000-16000 hz. Das vernünftig zu EQen war sehr schwierig und ist mir immer noch nicht perfekt gelungen.

Generell sind die Channelabweichungen relativ hoch und es scheint, wie die recht unterschiedlichen Messungen verschiedener Websites zeigen, auch recht große Unterschiede zwischen den Frequenzgängen der jeweiligen Deva-Modelle zu geben. Der Kopfhörer klingt sehr anders, je nachdem, ob ich für meine EQ-Einstellungen die Messungen von Oratory1990 oder die von Crinacle zum Ausgang nehme. Das EQ Preset von Oratory1990 war zumindest im Treble-Bereich für mich unbrauchbar.

Zudem scheint es so zu sein, dass die Treblewiedergabe auch recht stark von dem Menschen abweicht, der sie trägt. Wenn ich mit meinem Kopfhörer im Urzustand einen "Sine Sweep" mache, höre ich eine "Lücke" bei etwa 7500hz. Laut Tongenerator gibt es dort nach meinem Gehör einen Dip von etwa 10DB(!), und das scheint mit der Art und Weise zusammenzuhängen, wie der Deva Pro spezifisch mit meiner Ohrmuschel (Pinna) interagiert. Bei dem zurückgegebenen Deva war das auch schon so, aber andere Menschen haben das offenbar nicht.

Ich habe hier auch einen Superlux 660 Pro stehen, der etwa ein Zehntel meines Deva Pro kostet - und bei dem habe ich es mit wesentlich weniger EQ-Aufwand geschafft, ihn "richtig" klingen zu lassen als beim Deva Pro, weil sich dort mein Höreindruck zumindest halbwegs mit den Messungen deckt - ganz zu schweigen von meinem DT 880 und meinem Neuzugang, dem AKG 702. Den Treble-Bereich des Deva Pro mittels EQ auf ein "korrekt" klingendes Level zu bringen ist aufgrund der heftigen Peaks & Dips im Superhochton (siehe Messungen), der Channel Imbalance, und der offenbar stark vom individuellen Gehör abhängigen Wiedergabe vermutlich nahezu unmöglich. Das alles ist nicht so schlimm wie bei dem zurückgegebenen "normalen" Deva, aber eben immer noch längst nicht optimal.

Was der Hörer allerdings richtig gut kann, ist "Soundstage". Aufgrund der großen Ohrmuscheln, der großen Treiber und der extrem offenen Bauweise hört sich alles beeindruckend räumlich an.

Fazit:

Der Hifiman Deva Pro klingt sehr räumlich, allerdings nach audiophilen Maßstäben schlicht zu ungenau, insbesondere im Treble. Positiv deutlich hervorzuheben ist seine Soundstage und, sofern man zur Nutzung von EQ bereit ist, sein Bass. Er hat definitiv seinen Platz, da es sonst kaum offene Kopfhörer mit Bluetooth-Funktion gibt. Hinzu kommt sein klasse Tragekomfort, wodurch man ihn sehr flexibel nutzen kann. Mit einem Preis von etwa 350 Euro ist er gleichzeitig mein teuerster, mein klanglich ungenauester und, aufgrund seiner speziellen Vorteile, dennoch mein meistgenutzter Kopfhörer. Ohne Bluemini-Modul würde ich ihn aber nicht empfehlen. Auch taugt dieses Modul leider nicht als Ersatz für einen DAC/Amp, da sein Grundrauschen dafür zu hoch ist - sogar dann, wenn man es nicht über Bluetooth nutzt.


[Beitrag von Watchful_Eye am 26. Jan 2023, 01:15 bearbeitet]
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