"Einspielen", der Versuch einer technischen Erklärung.

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hasnoten
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 30. Jan 2019, 14:53
Vorwort:

Nein, das soll jetzt nicht zum zigsten Mal eine Threadlawine lostreten, die am Ende in einen Glaubenskrieg mündet. Ich wollte Euch nur das Ergebnis mitteilen, zu dem ich nach langer Recherche gekommen bin.

Ihr Lieben!

Zum Hintergrund: ich bin kurz vor der Anschaffung neuen, vermeintlich besseren HiFi-Equipments und selbst (sonst) seriös erscheinende Händler bieten an, vom (Strom-)Kabel (!) über den Verstärker bis zur Box alles erst einmal "einzubrennen". Auch wenn man sich aus technischer Sicht sträubt, schafft das eine gewisse Verunsicherung und man lebt mit Angst, dass man die ersten Takte enttäuscht vor der teuren Hardware sitzt, nur weil man sie nicht richtig eingefahren hat.

So weist selbst die etablierte und aus meiner Sicht fest auf dem Boden der Physik stehende Marke Cambridge Audio in der BDA auf eine "Einbrennzeit" von "bis zu einer Woche bei mehreren Stunden täglich" hin. Ist da am Ende doch was dran? Ich habe beim CXU keine Änderung in der ersten Zeit wahrgenommen. Er spielt "wie am ersten Tag" und das soll positiv gemeint sein. Aber vielleicht bin ich ja einfach schon zu taub?

Ich selbst bin Ingenieur und habe damit ein IMHO gesundes Verhältnis zu Naturwissenschaften und Mathematik. Mein Hobby betreibe ich "preisbewusst". Soll heissen, obwohl ich bereit bin, größere Summen zu investieren, habe ich ein kritisches Auge auf "High-End-Tuning"-Maßnahmen. Kann ich die Physik, Chemie oder einen anderen höheren Sinn darin erkennen und nachvollziehen, versuche ich es mit DIY-Maßnahmen nachzubauen, wenn es meine Geschicklichkeit als Heimwerker nicht überfordert. Mag der Effekt vielleicht sehr klein sein, es gibt einem ein besseres Gefühl. Und auf des gute Gefühl beim Musikhören kommt es ja schließlich an, oder?

Insofern kann ich verstehen, dass es einen Markt für so etwas gibt.

Das Geschäftsmodell, ein günstiges Industriebauteil in ein - zugegeben - toll aussehendes Gehäuse zu stecken, zur Beschwerung auch gerne ein Stück Marmor als Zugabe und für Unsummen anzubieten, betrachte ich mit gewissem Amusement. Ebenso kann man von dieser Fraktion Tonträger, Tongeneratoren oder Dienstleistungen für Summen erwerben, für die auf dem Flohmarkt ganzen Plattensammlungen über den Tapeziertisch gehen, um seiner audiophilen Schwanzverlängerung in den ersten Tagen/Wochen (und zwischendurch) den letzten Schliff zu verleihen.

Zur genaueren Betrachtung: Wenn man etwas Einspielen, Einbrennen oder Ein-was-auch-immer soll, setzt das voraus, dass es über die Zeit mit einer gewissen Prozedur dauerhaft seine Eigenschaften ändert. Auf die Suche nach solchen Bauteilen oder Baugruppen habe ich mich begeben.

"Dauerhaft" ist übrigens eine Eigenschaftsänderung durch Erwärmen im Betrieb nicht. Es gibt (meines Wissens) nahezu kein Material, das seine Eigenschaften nicht mit der Temperatur ändert. Das soll auch nicht Gegenstand dieser Betrachtung sein. Ich stelle nicht in Abrede, dass eine Anlage erst mal "warm werden" muss... (sozusagen "wohltempereriert" muhahaha)

1. Bewegliche Teile:

Am nachvollziehbarsten ist vielleicht noch das Einspielen der Boxen. Und hier der Tieftöner. In der Regel ist bei der Steifigkeit der Membranaufhängung die Zentrierspinne das ausschlaggebende Teil (Die "Sicke" sollte hauptsächlich dichten und zusätzlich führen, wenn man es richtig macht). Hier ist es wohl wirklich so, dass sich die Baumwollfasern durch größere Auslenkungen Ihre neue und endgültige Lage durch das Imprägniermittel hindurch erst ein wenig erarbeiten müssen. Die Spinne wird weicher. (Die Sicke übrigens nicht, außer sie wird warm, dann hat man es aber doch stark übertrieben, zumal der Effekt mit der Temperatur wieder zuückgeht)

Dies scheint eine Sache von wenigen Stunden zu sein. Bekannte Empfehlung daher: Sinus 20 Hz bei moderater aber nicht allzu hoher Auslenkung der Membran. Sozialverträglichkeit herstellen durch Nase an Nase und Umpolen einer Box kennt Ihr. Oder einfach Musik hören im Hintergrund, während man in der Küche den Coq au Vin zubereitet und die Vorfreude genießt.

Durch die hohen Frequenzen, mit denen Mittel- und Hochtöner angesteuert werden, Wäre das Erreichen der erforderlichen Lastwechsel hier eine Sache von Minuten respektive Sekunden, also halte ich Rauschen (egal welcher couleur) oder Walgesänge auf entmagnetisierten und dreimal vom Schamanen umtanzten Burn-In-CD´s auch hier für Mumpitz.

Der Vollständigkeit halber erwähnt, aber von mir nicht näher betrachtet: Laufwerke haben selbstverständlich auch bewegliche Teile. Hier hinkte der Vergleiche mit dem Einfahren von Autos noch am wenigsten. Aber genausowenig wie man moderne Autos noch einfährt, möchte man sicherlich hören, das sich bei einem 1000€ Laufwerk noch Fertigungsrückstände Ihren Weg in die Freiheit bahnen müssen, oder sich diverse Bauteile aufgrund ungenauer Bearbeitung noch Einschleifen müssen. --> Ad akta.

2. Elektr(on)ische Komponenten:

Leiterbahnen, Isolationen, Spulen (und damit alle Drähte) und halbleiterbasierte Bauteile ändern Ihre Eigenschaften bei ordnungsgemäßem Gebrauch über die Zeit nicht. PUNKT. Es gibt wissenschaftlich gesehen keine Anhaltspunkte dafür. Daran ändert sich auch nichts, wenn man den Verstärker dummerweise um 90° verkehrt zum Erdmagnetfeld stehen hat. Oder über Wasseradern und Erdstrahlen. Mit Verlaub gehört das ebenfalls in den Bereich Esoterik verortet.

Einige Quellen kolportieren, dass bei extrem Hochohmigen Widerständen die hierfür nötigen sehr dünnen Metallschichten durch Diffusion über die Zeit noch dünner werden und damit der Widerstand steigt. Weiss der Geier, ob so etwas - auch dieser Bauart - in "unserer" Elektronik verbaut ist. Spielt aber keine Rolle, denn das nennt man Alterung und kann kaum einen wünschenswerten Effekt darstellen, zumal das auch passiert, wenn die Teile unverbaut in der Schublade liegen. Wärme im Betrieb wäre vermutlich eher noch schädlicher.

Apropos Alterung: als gesichert kann die Information gelten, dass Elektrolytkondensatoren altern. Die Vintage-Radio-Bastler-Fraktion kann ein Lied davon singen. Sie altern, wenn man sie lange nicht benutzt und sie damit Spannungslos sind. Aber: Dieser Vorgang ist - in weiten Grenzen - reversibel. Durch erneutes Anlegen der Betriebsspannung bildet sich durch Oxidation mit dem Elektrolyt am Anodenmaterial (wieder) neues Dielektrikum. Das Bauteil "heilt sich selbst". Genauso funktioniert übrigens die Herstellung von Elkos.

Dieser Umstand ließ mich aufhorchen. Gilt es doch durch Betrieb eines Bauteils einen ordnungsgemäßen Zustand wieder herzustellen, der sich durch Nicht- oder Noch-nie-Betrieb über einen Zeitraum vielleicht verändert hat. Ich zumindest habe bisher selten beim Auspacken und Anschließen auf das Fertigungsdatum der Elkos geschaut.

Was wäre also nötig, um den Elko wieder zu alter Kraft kommen zu lassen? Wer weiter oben aufgepasst hat: Betriebsspannung. Wo sind Elkos typischerweise Verbaut? Siebkondensatoren im Netzteil und Koppelkondensatoren im Ausgang. Bei beiden liegt Betriebsspannung an, wenn man die jeweilige Komponente einschaltet. FERTIG. Wieder keine Feenstimmen nötig, von einer junfräulichen Apachensquaw eingesungen (abgelesen von einer Steintafel, die bei Vollmond aus den Sedimenten des Rhein-Herne-Kanals gewaschen wurde).

Die Erfahrung der Dampfradiokollegen zeigt, dass periodische Spannungslosigkeit hier mehr guttut und beschleunigt als schadet und die Neubildung der Oxidschicht unterstützt. Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, wenn der ein oder andere hier die Empfehlung ableitet, die Komponenten IMMER an zu lassen. Die Umwelt wird es Euch danken und auch der Stresspegel beim nächsten Gewitter wird deutlich niedriger sein.

Abschließend noch eine persönliche Einschätzung zur Größe dieses Effekts. Normalerweise WINZIG bis nicht vorhanden. Nahezu alle Hersteller von Elkos garantieren eine Lagerzeit von minimum zwei Jahren, in denen die Caps innerhalb ihrer Spezifikation bleiben. Radios, die zuletzt von den Großeltern vor 50 Jahren benutzt wurden haben meist "tote" Elkos. Hier dauert - bei Erfolg - das neu "formieren" Tage. Das schließen eventuelliger Fehlstellen bei halbwegs neuer Elektronik wird vermutlich eher im Minuten- als im Stundenbereich liegen.

3. Fazit:

Ich bin auf zwei Effekte gestoßen, die technisch erklärbar sind und damit ein Stück aus der Voodoo Ecke herausgeholt werden können. Die Ultimative (und stressfreie) Einbrennprodezur ist also bei gehobener Zimmerlautstärke für wenige Stunden Musik anzumachen, während man sich mit etwas anderem ablenkt, bevor man sich über den schlechten Klang grämt. Damit ist für die Technik alles mögliche getan.

Die ganz sorgfältigen unter Euch kneten die Tieftöner über Nacht mit einem Sinus weich, während Ihr mit einer Baumarkt-Zeitschaltuhr zwischendurch mal abschaltet. Immer schön an die Nachbarn und die Familie dabei denken.

Wie lang es allerdings dauert, bis sich das Gehirn eingebrannt hat, vermag ich nicht zu sagen. Über die psychologischen Effekte ist ebenfalls genug diskutiert worden, auch über die euphorischen Momente, die einem suggerieren, dass es erst jetzt richtig klingt. Ich beschäftige mich auch beruflich mit Akustik und kann nur sagen, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir hören mit dem Hirn und die Ohren sind nur der Eingang.

Wer einen Equalizer besitzt (Unter uns Puristen: Pfui Spinne, aber setzt Euch vielleicht ins Auto) macht mal bitte den Selbsttest. Es ist erstaunlich, an was man sich alles gewöhnen kann. Jeder. Ich muss beruflich oft viele verschiedene Autos fahren. Bass, Mitten, Höhen sind vom Vornutzer nahezu immer verstellt. Es erstaunt mich oft selbst, wie gut ich damit lebe, bis es mir auffällt (und wie scheiße die ersten Sekunden nach Behebung dieses "Mißstandes" sind.)

Komische Ton- und/oder Geräuschfolgen helfen beiden Einbrennprozessen (Technik & Hirn) NICHT, es sei denn man zieht sich das wirklich rein und gewöhnt sich daran. Es soll ja Leute geben, die vom Musikhören schon ganz weit weg sind...

Ich hoffe Ihr hattet Spaß beim Lesen und fühlt Euch jetzt ein wenig schlauer.

Epilog:

Das oben geschriebene klingt vielleicht dogmatischer als es ist. Jeder (mich eingschlossen) muss sich von Zeit zu Zeit kritisch hinterfragen. Es hat lange gedauert, bis ich selbst gehört und eingesehen habe (fast sofort und ohne einbrennen), dass eine Samplingfrequez von 192kHz (statt 44,1) Sinn macht und habe anschließend keine Ruhe gegeben, bis ich mir das erklären konnte, spricht doch die Signatheorie eigentlich eine andere Sprache.

Soll heißen: wenn ich irgendwas übersehen habe - TECHNISCHER Natur - immer her damit.

Und: Wer mit der Energiepyramide im Hifi-Rack glücklich ist, soll sie bitte behalten. Denn es kommt auf das gute Gefühl beim Musikhören an, wie anfangs beschrieben.

In diesem Sinne

Nix für ungut und feuer frei (beherzigt bitte meinen ersten Satz)

Euer

Arnd
ZeeeM
Inventar
#2 erstellt: 30. Jan 2019, 15:31
Was die Samplerate anbelangt, hat die AES in einem einjährigen Test herauszufinden ob eine 44.1/16 AD-DA strecke heraushörbar ist. Fazit war, nur bei sehr kleinen Signalen und da in Form eines minimalen Rauschteppichs,
Wenn man was anderes hört muss man, natürlich nur wenn es interessiert, schauen wie der Eindruck zustande kommt.
Der dickste DSP sitzt zwischen Ohr und Bewusstsein, fühlt sich aber quasi vollkommen transparent an.

hasnoten
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 30. Jan 2019, 17:57
Obwohl ich anfangs die Technik-Prämisse gesetzt habe, folgt ein Erfahrungsbericht in Bezug auf DA-Wandler.

Der CXU wurde eigentlich aus anderen Gründen angeschafft. Es galt Platz zu schaffen im Rack durch Schlagartigen Ersatz von MP3, DVD und CD-Spieler (3 "Disc" Geräte)+ Upgrade auf BlueRay. Es war (mit Ausnahme von Halbschwestermodellen von OPPO) das einzige Gerät, das meinen Ansprüchen an die Audio Wiedergabe (Hauptnutzung) gerecht wurde. Der 192kHz Wandler incl. Upsampling war ein Feature, dem ich dabei wenig Beachtung geschenkt hatte.

Nach dem Anschließen des Gerätes hatte sich zu meiner Beruhigung tonal im Vergleich zu meinem alten CD-Laufwerk + Wandler wenig bis gar nichts getan. Aber die Räumlichkeit hatte (ich übertreibe) dramatisch zugenommen. Bei ansonsten Identischer Hardware. Das war beinahe sofort zu hören bei den gleichen bekannten CD´s (!). "Wie machen die Schweinepriester das?" hab ich mich sofort gefragt.

Die Psycho-Karte kann man hier nicht spielen, denn das hatte ich ausdrücklich NICHT erwartet.

Meinen Frieden habe ich mit der Erklärung gefunden, dass auf der CD eigentlich alle nötigen Informationen drauf sind (Abtastkriterium). Um jedoch verlustfrei das Vollständige Analogsignal daraus zu erhalten, braucht man in der Theorie eine Lagrange-Interpolation. Das macht kein Wandler dieser Welt, aber die intelligente Interpolation von Anagram um auf die 192Hz zu kommen scheint verdammt nah dran.

Mir ist es auch genau genommen egal, ob sie mich damit bescheißen, weil was dazu gedichtet wird. Aber das Ergebnis hat mit beeindruckt und macht mich glücklich, womit sich der Kreis zum ersten Thread wieder so leidlich schließt. Die Räumlichkeit ist nah an Vinyl. "DAC-Magic" halt, wenn Ihr wißt, was ich meine.

VG

Arnd
ZeeeM
Inventar
#4 erstellt: 30. Jan 2019, 22:59

hasnoten (Beitrag #3) schrieb:

Die Psycho-Karte kann man hier nicht spielen, denn das hatte ich ausdrücklich NICHT erwartet.


Diesen Satz mal schnell herausgenommen.
Das entscheidet dein Gehirn und nicht dein Ego.
hasnoten
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 31. Jan 2019, 14:49
@ZeeeM: Einigen wir uns einfach mal auf die Formulierung, dass mein Hirn auf die Signale dieser Komponente extrem kompatibel reagiert

Bleibt die Hoffnung, dass mir solche Glücksgriffe auch bei den nächsten Anschaffungen gelingen.

Aber BTT: Entweder ich habe mit meinen Formulierungen genau ins Schwarze getroffen und es gibt wirklich keine weiteren Technischen Begründungen für die "Erstkonditionierung" einer Musikanlage (das würde mich weiter beruhigen), oder Ihr wart einfach zu faul meinen Roman zu lesen

LG

Arnd
n5pdimi
Inventar
#6 erstellt: 31. Jan 2019, 14:56
Ich habs nur überflogen, aber es wurde auch schon an anderer Stelle (ich glaube stand mal in einem Nubert Technic Special) die begründete These aufgestellt, dass das "Einspielen" der Komponenten, insbesondere bei Lautsprechern, sich nicht im geringsten messtechnisch belegen lassen würde und es sich doch viel eher um ein "Einhören", also eine Anpassung/Gewöhnung des Gehörs an die neuen Klangcharakteristika handeln würde....
Das erscheint mir irgendwie nachvollziehbar. Und das "Einschwingen" von Kabeln und Einbrennen der Elektronenfließrichtung blablablub gehört ganz eindeutig in die Voodoo Ecke.
source
Stammgast
#7 erstellt: 01. Feb 2019, 08:59

n5pdimi (Beitrag #6) schrieb:
dass das "Einspielen" der Komponenten, insbesondere bei Lautsprechern, sich nicht im geringsten messtechnisch belegen lassen würde


...Timmermann(Hobby Hifi) hat vor einiger Zeit, messtechnisch belegt das eine Parameterdrift bei eingespielten "Lautsprecherchassis" besteht.
"Chassis" einzuspielen ist ein ganz normaler Vorgang...hat nichts mit Voodoo zu tun.

source
ZeeeM
Inventar
#8 erstellt: 01. Feb 2019, 09:17
Wobei eine messtechnischer Nachweis und ein objektiv hörbares Ergebnis zwei verschiedene paar Schuhe sind.
grautvOHRnix
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 01. Feb 2019, 10:06
Es gibt kein objektives Hören.
Die Wahrnehmung Hören ist immer individuell.

Messungen dagegen sind auch für andere nachvollziehbar
und daher allgemeingültig.

Das werden die "Alleshörer" niemals begreifen !

2 ct. only
ZeeeM
Inventar
#10 erstellt: 01. Feb 2019, 10:12

grautvOHRnix (Beitrag #9) schrieb:
Es gibt kein objektives Hören.
Die Wahrnehmung Hören ist immer individuell.


Dazu nimmt man Statistiken und entsprechende Tests um eine verlässliche Basis zu schaffen.
Kann man natürlich ablehnen, dann rührt man in der Beliebigkeit und .. .wer hört hat recht
grautvOHRnix
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 01. Feb 2019, 10:17

ZeeeM (Beitrag #10) schrieb:
...dann rührt man in der Beliebigkeit...


Besser - und poetisch schöner - kann man es nicht in Worte fassen !
Dadof3
Moderator
#12 erstellt: 01. Feb 2019, 18:24

hasnoten (Beitrag #1) schrieb:
So weist selbst die etablierte und aus meiner Sicht fest auf dem Boden der Physik stehende Marke Cambridge Audio in der BDA auf eine "Einbrennzeit" von "bis zu einer Woche bei mehreren Stunden täglich" hin. Ist da am Ende doch was dran?

Das tun ja auch viele andere Hersteller. Einen Hinweis auf tatsächliche Änderungen ist das wohl kaum, denn ich bin ziemlich sicher, dass das Marketing solche Sätze da reinschreibt und nicht das Engineering.
Eine Erklärung dafür lieferst du ja selbst:
Es ist erstaunlich, an was man sich alles gewöhnen kann.


Wer die Ware auspackt, anschließt, hinhört und zufrieden ist, ist zufrieden. Wer nicht zufrieden ist, den kann man mit diesem Hinweis Geduld abnötigen und ihn vorm vorschnellen Wiedereinpacken bewahren.

Wenn die Anlage erst mal ein paar Tage oder Wochen da steht, sieht die Welt schon wieder anders aus, und die Retourewahrscheinlichkeit ist deutlich gesunken.

Nebenbei: Ob die Marke CA fest auf dem Boden der Physik steht, lasse ich mal dahingestellt. Sicher ist das nicht so eine Voodoo-Bude wie Naim oder Phonosophie, aber die teilweise exorbitanten Preise werden in der Werbung doch vor allem mit dem Klang begründet, selbst dort, wo sich dieser wohl weder messtechnisch noch durch Blindtests hinreichend belegen lassen wird.
Das trifft freilich auf nahezu alle Hersteller zu, die in bestimmte Preisregionen vordringen, aber für mich steht so etwas nicht fest auf dem Boden der Physik.


Wir hören mit dem Hirn und die Ohren sind nur der Eingang.

Sehr schön formuliert! Muss ich mir merken!
_ES_
Administrator
#13 erstellt: 02. Feb 2019, 01:37
Hi,


Zum Hintergrund: ich bin kurz vor der Anschaffung neuen, vermeintlich besseren HiFi-Equipments und selbst (sonst) seriös erscheinende Händler bieten an, vom (Strom-)Kabel (!) über den Verstärker bis zur Box alles erst einmal "einzubrennen". Auch wenn man sich aus technischer Sicht sträubt, schafft das eine gewisse Verunsicherung und man lebt mit Angst, dass man die ersten Takte enttäuscht vor der teuren Hardware sitzt, nur weil man sie nicht richtig eingefahren hat.




...Timmermann(Hobby Hifi) hat vor einiger Zeit, messtechnisch belegt das eine Parameterdrift bei eingespielten "Lautsprecherchassis" besteht.
"Chassis" einzuspielen ist ein ganz normaler Vorgang...hat nichts mit Voodoo zu tun.




Wobei eine messtechnischer Nachweis und ein objektiv hörbares Ergebnis zwei verschiedene paar Schuhe sind.



Ich habe mir erlaubt, die drei wichtigsten Passagen aus diesen noch kurzen Thread hervorzuheben, weil damit eigentlich alles gesagt ist....

Es gibt tatsächlich "Burn-In Tests", wir (Leistungselektronik) absolvieren selbst solche vor den endgültigen Messungen.
Diese Nummer hat man sich IMHO quasi aus der Industrie abgeguckt und in den Hifi-Bereich transferiert.
Das Gerät wird einen 24h oder mehr Dauertest unter Voll-Last Bedingungen unterzogen um damit sicher zu stellen, das die zu messenden Parameter Langzeit-stabil sind und die garantierten Spezifikationen eingehalten werden.
Sprich:
Da tut sich was...
Um das ins Hifi zu spiegeln, Timmermanns hat da schon recht wenn er die zu messenden Probanden erstmal einspielen lässt, es ändert sich wirklich was.
Und das Ergebnis wiederum führt zu ZeeeM´s Zitat.
Bei den "Einbrennen" geht es alleine um die Stabilität der Eigenschaften, das wird man mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht hörbar unterscheiden können, vorher/nachher.
Vielmehr ist es dem "Gewöhnen" geschuldet, als dem "Einbrennen".
Man muss sich von der Vorstellung verabschieden, das das Gehör besser funktioniert als Mess-Systeme.
Was man valide hörtechnisch unterscheiden kann, lässt sich definitiv auch messtechnisch nachweisen.
Umgekehrt ist das nicht immer der Fall, eher selten.
Von daher kann man zumindest im Hifi Bereich getrost auf die "Gags" mit dem Einspielen, weil sie stets auf das Hören gemünzt sind, verzichten.


[Beitrag von _ES_ am 02. Feb 2019, 01:50 bearbeitet]
Passat
Inventar
#14 erstellt: 04. Feb 2019, 14:11

_ES_ (Beitrag #13) schrieb:
Was man valide hörtechnisch unterscheiden kann, lässt sich definitiv auch messtechnisch nachweisen.


Stimmt.
Aber man muß auch wissen, was man messen muß.

Wenn man z.B. die Verzerrungen zweier Lautsprecher mit einem Schallpegelmesser messen will, wird man da keine Unterschiede messen können.
Da könnte man dann behaupten, das es meßtechnisch keine Unterschiede gibt, man aber Unterschiede hört.

Ich kann auch 2 Lautsprecher bauen, die exakt den gleichen Frequenzgang haben, sich tonal trotzdem unterscheiden.
Ursache dafür sind Eigenheiten des menschlichen Gehörs.
Töne längerer Dauer werden als lauter wahrgenommen als Töne kurzer Dauer.
Ein Ton mit 85 dB und 20ms Dauer wird lauter wahrgenommen als der gleiche Ton mit 85 dB und 10 ms Dauer.
Meßtechnisch sind beide Töne exakt gleich laut, gehörmäßig dagegen nicht.
Wenn nun einer der o.g. Lautsprecher in einem bestimmten Frequenzbereich ein verzögertes Ausschwingen hat, so wird sich das gehörmäßig bemerkbar machen, aber die Frequenzgangmessung wird diese Unterschiede nicht zeigen, ein Wasserfalldiagramm dagegen sehr wohl.

Grüße
Roman
_ES_
Administrator
#15 erstellt: 04. Feb 2019, 14:47

Aber man muß auch wissen, was man messen muß.


Im allgemeinen gehen Techniker so vor.
Passat
Inventar
#16 erstellt: 04. Feb 2019, 15:10
Natürlich gehen Techniker so vor.
Aber sie müssen auch wissen, mit welcher Messung sie gehörmäßig erfasste Dinge auch messen können.

Es war ja schon immer so, das man Phänomene zuerst beobachten konnte bevor man die messen konnte bzw. wusste, wie man die misst.

Als z.B der elektrische Strom entdeckt wurde, konnte man seine Wirkung gut sehen/fühlen, aber man hatte keinerlei Ahnung davon, wie man Strom und Spannung misst bzw. deren Größe misst.

Grüße
Roman
ZeeeM
Inventar
#17 erstellt: 04. Feb 2019, 16:13
Und selbst wenn man Messergebnisse hat, gilt es zu interpretieren wie die sich hörtechnisch bemerkbar machen.
Der Hörsinn mag sich zwar transparent anfühlen, ist er aber nicht.
Schon seit vielen Jahren macht man sich das zu Nutze um gezielt ein gewünschtes Hörerlebnis zu erreichen.
Umgekehrt geht der Schluss von einem Hörerlebnis auf spezifischen technische Eigenschaften eher doch häufig in die Hose, warum vermutlich manche Gazetten der Branche sich darauf beschränken ordentlich Hifi-Prosa zu drucken um den Kunden zu primen.
_ES_
Administrator
#18 erstellt: 04. Feb 2019, 19:13
@Roman,
Die Leute die sich damit beschäftigten mussten, werden das genau getan haben.
Das ist eine Binsenweisheit, das man sich entsprechend der Aufgabe präparieren muss.
Aber gut das es nochmal zur Sprache kam.


Umgekehrt geht der Schluss von einem Hörerlebnis auf spezifischen technische Eigenschaften eher doch häufig in die Hose, warum vermutlich manche Gazetten der Branche sich darauf beschränken ordentlich Hifi-Prosa zu drucken um den Kunden zu primen.


Die erzählen den Leuten das, was sie vermeintlich gehört haben wollen - Würde ich meine Höreindrücke beschreiben müssen, käme da auch wohl nur Schwurbelei raus.
Es gibt dann auch Referenzgeräte im Regal, gegen die der "neue Herausforderer" antreten muss - selbstverständlich erst dann, wenn er den Rest hinter sich gelassen hat.
Uuaahh….


[Beitrag von _ES_ am 04. Feb 2019, 19:13 bearbeitet]
hasnoten
Ist häufiger hier
#19 erstellt: 05. Feb 2019, 10:57
@ Alle: & Dankeschön für Eure Meinungen.

Ich fasse zusammen: Einspielen ist Marketing Geschwurbel. Ich würde es aber in "meine" Katergorie 1 stecken, der (hier: teilweise) mit Physik erklärbaren Phänomene, die aber für den Anwendungsfall Musikreproduktion keine Rolle spielen. Hier wird in Erklärungsnot oft in andere Technische Bereiche rübergeschielt ("Burn-In", Skin-Effekt, Strahlenschutz, ...)

Kategorie 0 wäre bei mir reine Esoterik wie z.B. CD entmagnetisieren oder Heilsteine ins Hifi Rack zu legen. Wer´s mag: bitteschön. Placebos helfen ja manchmal auch. Politisch unkorrekt: mit irgendwas müssen Investmentbanker und Anwälte ja auch mal abgezockt werden.

Zusätzlich macht man sie hier den Gewöhnungseffekt zu nutze, um Retouren zu vermeiden.

zu den angeschnittenen OT´s: "Exorbitante" Preise sind IMHO immer eine Frage der Marge. In exclusivere Modelle muss mehr Entwicklungsarbeit gesteckt werden und es werden weniger davon verkauft. Geld verdienen will man ja schließlich auch. CA gehört m. E. nicht zu den Halsabschneidern, die Standardware in schöne Gehäuse packen.

Wie bei so vielen - inzwischen - alltäglichen Dingen gibt es hier einen Markt. Diverse "Fachzeitschriften" versuchen einem einzureden "Dinge zu kaufen, die man nicht braucht, mit Geld, was man nicht hat, um Leute zu beeindrucken, die man nicht mag". So funktioniert Wirtschaftswachstum. (Ich schweife ab).

Selbst Standard-Elektronik leistet sich heutzutage keinen groben Schwächen mehr, so dass man sich ja irgendwie abheben muss. Ich bin persönlich bereit, ein Stück weit diesen Weg mitzugehen, wenn es in die richtige Richtung geht. Wenn die "Darstellung" tonal und räumlich realistisch ist (auch wenn ich keine Ahnung habe, ob das bei der Aufnahme genauso war, da man ja in 99,99% der Fälle hierbei abwesend ist), sind das meine kleinen Glücksmomente. Leider gibt es nur wenige Tonträger die das hergeben, auch wenn ich die dargebotene Musik anderweitig schätze.

Was man hören kann, kann man auch immer Messen . Wenn nicht, muss man anders Analysieren (Stichwort: Frequenzgang vs. Wasserfall). Umgekehrt wird kein Schuh draus. Auch hier bei der Arbeit unter uns Akustikern gibt es Leute anderer Meinung. Ich mach mir ab und zu keine Freunde damit darauf hin zu weisen, ob man den Unterschied hören kann oder hören will.

In diesem Sinne

VG

Arnd
Dadof3
Moderator
#20 erstellt: 05. Feb 2019, 14:31

hasnoten (Beitrag #19) schrieb:
Ich würde es aber in "meine" Katergorie 1 stecken, der (hier: teilweise) mit Physik erklärbaren Phänomene, die aber für den Anwendungsfall Musikreproduktion keine Rolle spielen.

Ja, genauso sehe ich es auch. Unterschiede sind denkbar, teilweise auch messbar, aber zu viel gering, um nachweislich hörbar zu sein, und es nicht wert, sich darüber den Kopf zu zermartern oder viel Geld auszugeben.

Letzteres ist es, was die Industrie und die Gazetten den Leuten aber einzureden versuchen.
hf500
Moderator
#21 erstellt: 08. Feb 2019, 23:21

hasnoten (Beitrag #19) schrieb:
Ich fasse zusammen: Einspielen ist Marketing Geschwurbel. I


Moin,
ich nenne das "Schoenhoeren". Wurde oben ja schon gesagt, die Leute sollen sich an ihr neues Geraffel gewoehnen, das senkt die Ruecklaeuferquote.
Wenn der Hersteller allerdings seine Fertigung/Qualitaetskontrole nicht im Griff hat, kann es auch nach hinten losgehen und die Fruehausfallquote verschlechtern ;-)

73
Peter
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